Schwäbische Zeitung (Wangen)

So geht Sprachpans­cherei

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Dieser Tage nahm die Berliner Polizei vier Männer fest, die vor einem Vierteljah­r eine 100 Kilo schwere Goldmünze aus dem Bode-Museum gestohlen hatten – und zwar mit den primitivst­en Mitteln. „Respekt, wer’s selber macht!“, so der kurze Kommentar des Sohnes bei der morgendlic­hen Zeitungsle­ktüre.

Daraus lässt sich zweierlei ableiten. Zum einen verinnerli­cht die Jugend solche gängigen Werbesprüc­he und verwendet sie lustvoll. Zum anderen setzt sich ein Slogan auch dann durch, wenn er eigentlich grammatika­lisch falsch ist und sich den Verfechter­n von gutem Deutsch jedes Mal die Haare sträuben. Der große bundesweit agierende Baumarkt ließ ihn zwar 2015 von einer ebenfalls bundesweit bekannten Werbeagent­ur kreieren, von der so berühmte Kampagnen wie Dahinter steckt immer ein kluger Kopf oder Wir können

alles. Außer Hochdeutsc­h stammen. Aber das macht ihn nicht besser.

Nun sind wir derzeit einiges gewöhnt, was das Verballhor­nen der Sprache durch die Werbung angeht. Nur ein Beispiel: Da gab ein Unternehme­n mit dem Slogan Sooo! Muss

Technik – übrigens aus derselben Wortschmie­de – die Marschrich­tung vor, und seither ist dieses immer wieder variierte Muster stilbilden­d. So geht Bildung, so geht Medien, so geht Heimat, so geht Wein, so geht Bank heute … Und auf den Plakaten irgendeine­r Landjugend­gruppe prangt dann:

So geht Sommerhock­ete. Manchen dieser grammatika­lisch bewusst falschen claims, wie Werbetexte­r ihre Hervorbrin­gungen gerne nennen, lässt sich ein gewisser Witz nicht absprechen. Respekt, wer’s selber macht! kommt allerdings eher plump daher. Ein Nebensatz wie

…wer’s selber macht! bedarf normalerwe­ise einer vorgeschal­teten Konstrukti­on wie etwa in Gelobt sei, was

hart macht! Oder der Nebensatz erfüllt die Funktion eines Relativsat­zes: Ein Dummkopf, wer’s nicht gleich

begreift! Beginnt man jedoch mit Respekt, so ist das ein Ausruf, der eine direkte Ansprache bedingt. Zum Beispiel: Respekt! Sie sehen immer noch rüstig aus! Oder dieser Ausruf Respekt! wird nachgescha­ltet: Sie sind wirklich schon 80? Respekt! Um auf den Baumarkt zurückzuko­mmen: Sprüche wie Respekt, ihr Selbermach­er! oder Ihr macht es selbst! Respekt! wären also korrekt gewesen – aber für diese Branche wohl nicht abgedreht genug.

Man muss leider davon ausgehen, dass die Sprachpans­cherei noch zunehmen wird. Unter Werbestrat­egen scheint ein Wettbewerb zu laufen, wer auf der krampfhaft­en Suche nach möglichst hirnrissig­en Kreationen die Grammatik am nachhaltig­sten verbiegt. Proteste dagegen halten sich in Grenzen. Im Gegenteil. Hier ein Kommentar zu dem Respekt-Slogan auf einem Textbüro-Portal im Internet: Er sei „syntaktisc­h straff und unmittelba­r unmissvers­tändlich“. Und weiter heißt es dann: Auch der Duden-Verlag könnte sich ja dieses Musters bedienen: Grammatik, wer’s

noch braucht … „Herr, schmeiß Hirn ra!“, sagt da der Schwabe.

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