„Man kann nicht die Augen oder Türen zumachen“
Petra Angele aus Memmingen ist als Integrationsbeauftragte bei der Stadt Leutkirch beschäftigt
LEUTKIRCH - Seit einigen Wochen ist die neue Leutkircher Integrationsbeauftragte im Amt. Petra Angele fungiert vor allem als zentrale Anlauf-, Beratungs- und Koordinierungsstelle für alle Integrationsangelegenheiten in der Stadt. SZ-Redakteur Simon Nill hat sich mit der 50Jährigen unter anderem über ihren Start im neuen Job und künftige Aufgaben unterhalten.
Frau Angele, seit dem 19. Juni sind Sie Integrationsbeauftragte der Stadt Leutkirch. Wie waren die ersten Wochen?
Sehr gut. Ich bin total herzlich aufgenommen worden. Alle sind offen und unterstützen mich. Auch viele Ehrenamtliche haben sich sehr gefreut, dass es jetzt einen neuen Ansprechpartner gibt.
Haben Sie einige ehrenamtlichen Helfer schon kennengelernt?
Ja. Es gab ein Treffen des Helferkreises Asyl, bei dem meine Arbeit vorgestellt wurde.
Gibt es momentan noch eine Schonfrist oder werden Sie schon voll mit Arbeit eingedeckt?
Generell halte ich mich im Moment zurück, solange ich noch nicht zu 100 Prozent weiß, wovon ich spreche. Das heißt, ich will auf dem neuesten Stand sein, was die Integration in Leutkirch betrifft, bevor ich hingehe und Dinge verändere. Es gibt aber viele Anfragen. Auch von Flüchtlingssozialarbeitern. Ganz aktuell haben wir 15 Menschen aus Gambia in der Gemeinschaftsunterkunft aufgenommen. Da bin ich vor kurzem einmal mitgegangen, um auch die Arbeit an der Basis zu erleben. Und um festzustellen, wo es Bedarf für Veränderungen gibt.
Können Sie am Beispiel der Gambier erklären, wie Ihre Arbeit als Integrationsbeauftragte aussieht?
Zunächst kümmert sich ein Sozialbetreuer um die Gambier. Da haben wir tolle Teams, die grundlegende Dinge mit den Flüchtlingen klären. Meine Aufgabe ist es dann, zu strukturieren und zu koordinieren. Zum Beispiel einen Alphabetisierungskurs vermitteln.
Glauben Sie, dass ihr neuer Job stressig wird?
Stress entsteht erst, wenn man keine Freude mehr an der Arbeit hat.
Welche Aufgabe sehen Sie als größte Herausforderung?
Die Vielfältigkeit der Aufgaben. Und genauso vielfältig sind auch die Menschen, die zu uns kommen. Mein Ziel ist es, die Arbeit frischer zu machen, wieder Energie reinzubringen, indem ich neue Ideen und neue Projekte ins Leben rufe. Ich hoffe, dass in Leutkirch nicht mehr gesagt wird, „ich kann das Thema nicht mehr hören“, „das ist mir zu viel“oder „ich mag nicht mehr“. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam das Positive bei der Integration sehen.
Welche Projekte möchten Sie als erstes angehen?
Als erstes einmal die Helferkreise und die ehrenamtlichen Mitarbeiter in Leutkirch kennenlernen. Die haben schon auf einen Ansprechpartner gewartet. Dann will ich eine Bestandsaufnahme davon machen, was bisher schon geleistet wurde. Anschließend schaue ich, wo es fehlt und wer mit wem vielleicht noch nicht in Kontakt getreten ist. Solche Gespräche sind wichtig, damit effektiv und transparent für die Bürger gearbeitet werden kann. Ein Ziel ist es auch, an bestehende Projekte beziehungsweise Veranstaltungen anzudocken und diese dann weiterzuentwickeln.
Was reizt Sie am neuen Job?
Das ist eben diese Vielfalt der Aufgaben. Der Gestaltungsspielraum, die große Bandbreite an Möglichkeiten. Schön finde ich es auch, Kulturen kennenlernen zu können. Das Bunte, das die Integration mit sich bringt, motivert mich. Und die Chance, verschiedene Leute zu begleiten, die in einem neuen, fremden Land bei null anfangen. Die ganze Welt besteht aus Menschen, die in irgendeiner Form Geborgenheit und Schutz suchen. Das Thema Integration ist einfach akut, keiner kommt darum herum. Sie passiert jedem Bürger jeden Tag. Man kann nicht die Augen oder Türen zumachen und sich verschließen.
Wie ist Leutkirch Ihrer Ansicht nach bei der Integration aufgestellt?
Sehr gut. Ich bin der Überzeugung, dass diese Stelle gefehlt hat, weil jetzt noch mehr Struktur und Koordination reinkommt. Ich sehe schon jetzt kleine Fortschritte dadurch, dass es ein bisschen frischen Wind gibt. Auch an Ehrenamtlichen ist Leutkirch gut aufgestellt. Für die Größe der Stadt sind enorm großes Engagement und Motivation vorhanden. Es gibt viel Hilfsbedarf, aber auch Potenzial an Leuten, die helfen wollen.