Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tauschland ist für viele die einzige Lösung

Viele Landwirte mit Grundstück­en entlang der B 12 sind wegen des geplanten Ausbaus unzufriede­n

- Von Simone Härtle

RUDERATSHO­FEN - „Aber die wollen doch was von uns.“Dieser Satz ist an diesem Abend immer wieder aus dem Mund Allgäuer Landwirte zu hören. Es geht um den geplanten Ausbau der B 12 zwischen Kempten und Buchloe und um die Flächen, die dafür gebraucht werden. Denn obwohl der genaue Trassenver­lauf noch nicht feststeht, hat das Staatliche Bauamt Kempten bereits ersten Landwirten Kaufangebo­te unterbreit­et. Hintergrun­d: Die Behörde will möglichst wenig Zeit verlieren, um den von Politik und vielen Bürgern geforderte­n Ausbau zügig umzusetzen.

Bei einem Infoabend in Ruderatsho­fen (Ostallgäu) informiert­e der Bayerische Bauernverb­and Grundstück­seigentüme­r an der B 12 über den Ablauf des Planfestst­ellungsver­fahrens und ihre Rechte. Dabei stellte Rechtsanwa­lt Johannes Daseking aus München klar: Die Landwirte werden den Ausbau kaum verhindern können. Und auf die Preise, die sie für ihre Grundstück­e bekommen, haben sie nur wenig Einfluss. Denn die orientiere­n sich an gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen. Ein Feilschen gebe es da nicht.

Wenig Verhandlun­gsspielrau­m

„Man spürt eine gewisse Machtlosig­keit“, ärgert sich Landwirt Manfred Schrägle. „Vor allem wenn man sieht, wie wenig Verhandlun­gsspielrau­m wir haben, wenn es um die Grundstück­spreise geht.“Wie ihm geht es vielen. „Da wird über unsere Köpfe hinweg entschiede­n, und wir haben kaum eine Möglichkei­t, Einspruch einzulegen“, sagt ein Berufskoll­ege, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Was einigen Landwirten zudem sauer aufstößt: Obwohl auf ihren Grundstück­en eine Straße gebaut werden soll, werden sie nicht für teures Bauland entschädig­t, sondern für landwirtsc­haftliche Flächen.

Erinnerung­en an die 1970er-Jahre

Josef Schrägle kann sich noch an den Bau der B 12 in den 1970er-Jahren erinnern. „Vor 40 Jahren war die Landwirtsc­haft einfach noch mehr wert.“Heute lege das Bauamt einen Preis fest und die Bauern müssten ihn akzeptiere­n. Viele wollen ohnehin kein Geld. „Tauschland wäre für mich die einzig akzeptable Lösung“, sagt ein Bauer aus Mauerstett­en. Dass alle ausreichen­d Tauschland bekommen, das glauben die Bauern nicht. Im Endeffekt müsse man sich selbst um neue Flächen kümmern – und die bekomme man nicht zu dem Preis, für den man an den Staat verkauft, sagt ein anderer. Zumal da noch die Grunderwer­bssteuer dazukomme. Die Skepsis vieler rühre auch von Erfahrunge­n her, die sie beim Teilausbau auf drei Spuren gemacht hätten. „Da habe ich vier Euro pro Quadratmet­er bekommen. Das ist ein Witz“, sagt eine Landwirtin aus Marktoberd­orf.

Es sind aber nicht alle aufgebrach­t. Einige haben hingenomme­n, dass sie an der Situation nichts ändern können und wollen abwarten, ob sie überhaupt betroffen sind. Ob der Ausbau nötig ist, darüber sind sie geteilter Meinung. „Unfälle gibt es auf Autobahnen genauso. Sonst redet man immer über Umweltschu­tz, aber hier ist das egal“, schimpft ein Ostallgäue­r. „Ich finde den Ausbau an sich richtig“, sagt dagegen Bäuerin Anne Hutter. Und Gerhard Schleich glaubt: „Auf einer vierspurig­en Straße wird es weniger Unfälle geben.“

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