Was Fahrradkäufer über den Rahmen wissen müssen
Aluminium hat Stahl weitgehend verdrängt – Der Werkstoff gilt als leicht, bezahlbar und langlebig
chicker Stahl, vielseitiges Alu oder edles Carbon: Fahrradrahmen sind längst nicht alle gleich – auch wenn sie lackiert so aussehen mögen. Als Fahrradkäufer sollte man deshalb wissen, was die verschiedenen Materialien ausmacht und unterscheidet. Ein Überblick:
Das klassische Rahmenmaterial war lange Zeit Stahl. „Weil es das am besten zu verarbeitende und auch haltbares Material war“, sagt Andreas Götz vom Bund Deutscher Radfahrer. Stahl ist sehr stabil und erträgt auch hohe Beanspruchungen. Doch er rostet. Das macht Aluminium nicht und ist obendrein leichter. In den 1980er-Jahren zog Alu deshalb als Rahmenwerkstoff in den Massenmarkt ein. „Da hat man die Dauerhaltbarkeit so langsam in den Griff bekommen“, erklärt Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad. „Das war ein Lernprozess, aber das Rezept funktioniert jetzt.“Und zwar so gut, dass Alu heute der Platzhirsch ist: „Der Alurahmen dürfte einen Marktanteil von circa 80 Prozent haben“, so Fehlau.
Stahl hat aber in der Nische überlebt. In der Vintage- und NostalgieSzene beispielsweise orientiert sich der Geschmack an klassischen Rennrädern der 1930er- bis 1980er-Jahre mit ihren dünnen und eleganten Stahlrohren. Originale sind begehrt: „Wie bei einem alten Ferrari oder Porsche werden für einige Modelle Preise weit über dem Neupreis gezahlt“, sagt Götz. Einige Firmen bauen diese Optik heute in Stahl nach. Außerdem greifen Rahmenbauer, die Fahrräder nach Maß anfertigen, gern auf Stahl zurück, weil sie ihn vergleichsweise einfach und unkompliziert verarbeiten können.
Intelligente Alukonstruktion
Über alle Eigenschaften hinweg betrachtet, dürfte ein Alufahrrad aber für die meisten Käufer eine gute Wahl sein, meint Fehlau. Alu sei unter anderem leicht, bezahlbar und langlebig. An sich ist es aber relativ weich. So müssen die zusammengeschweißten Rohre aus Stabilitätsgründen größer sein oder dickere Wandstärken haben. Das lässt sich durch eine intelligente Konstruktion steuern. „Aluminium lässt viel mehr Rohr- und Rahmengeometrien zu“, erklärt Siegfried Neuberger vom Zweirad-Industrieverband. „Schön designte Rahmenformen und die ganzen Oversize-Rahmen wären mit Stahl so nicht möglich, wo ja meist runde Rohre verwendet werden.“
Das Spektrum reicht von billigen Baumarkträdern für 250 Euro bis hin zur Oberklasse, wo allein der Rahmen 2000 Euro kosten kann. Ab etwa 400 Euro sei die Qualität brauchbar, behauptet Fehlau. Im ganz günstigen Segment rät er jedoch eher zu einem schwereren Stahlrad. Das sei meist stabiler als ein billig produziertes aus Alu „und hat bei einem Unfall ein sympathischeres Bruchverhalten“.
Für Fahrräder aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) werden Carbonfasermatten je nach Konstruktionsplan angeordnet und mit Kunstharz verklebt. So lässt sich der Rahmen völlig frei in der Form und flexibel aufbauen. Einzelnen Partien können unterschiedliche Eigenschaften zugewiesen werden, zum Beispiel mehr Steifigkeit im Tretlagerbereich und mehr Flexibilität für mehr Federungskomfort an den Hinterradstreben, erläutert Götz. „Mit Aluminium und Stahl kann man das nicht machen.“
Diese Verarbeitung von Hand ist sehr aufwendig, daher sind Carbonrahmen auch recht teuer, sagt Neuberger. Hersteller nutzen sie vor allem bei hochwertigen Mountainbikes oder Rennrädern. Gegenüber Alu hat Carbon den Vorteil, noch leichter, fester und steifer zu sein. „Ein Wettkampfrahmen wiegt nicht mehr als 800 Gramm“, sagt Fehlau. Das sei das Gewicht einer Stahlgabel allein. Auf Carbon rasen die Profis mit über 100 km/h den Berg hinab.
Bei City-Bikes spielt der Werkstoff eher keine Rolle, weil er für den Alltag zu empfindlich ist. Denn jede Krafteinwirkung, die nicht dem eigentlichen Zweck dient, ist laut Götz kritisch. Etwa wenn das Rad auf die Bordsteinkante fällt. Und auch wenn nach Stürzen nichts zu erkennen ist: Unsichtbare Mikrorisse können die Folge sein. Götz rät daher, nach einem solchen Unfall sofort zum Fachhändler zu gehen. Denn beschädigtes Carbon kann völlig unvermittelt reißen. Vor allem bei hohen Geschwindigkeiten ist das extrem gefährlich. Zudem müssen Radler Anbauteile mit exakt den vom Hersteller vorgegebenen Drehmomenten anziehen. Diese stehen oftmals direkt am Rahmen oder auf den Anbauteilen. Ansonsten können irreparable Schäden die Konsequenz sein.
Einfache Carbonmodelle sind ab etwa 1300 Euro zu haben. Bei Rennrädern ab etwa 2500 Euro aufwärts gewinnt Carbon immer mehr Marktanteile. „Bis zu dieser Summe würde ich eher zu Aluminium greifen“, rät Fehlau. (dpa)