Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tempelberg-Konflikt eskaliert

Krisensitz­ung des Sicherheit­srates zu Nahost beantragt

- Von Inge Günther und unseren Agenturen

STOCKHOLM/JERUSALEM (dpa) Wegen der Gewalt im Streit um Sicherheit­smaßnahmen am Tempelberg in Jerusalem haben Schweden, Frankreich und Ägypten gemeinsam eine Sondersitz­ung des Weltsicher­heitsrats beantragt. „Dialog, Deeskalati­on und die Wahrung des Status quo an den heiligen Stätten“seien unbedingt notwendig, twitterte Schwedens Außenminis­terin.

Bei blutigen Unruhen am Freitag waren vier Palästinen­ser getötet und rund 400 verletzt worden. Als Auslöser der Unruhen galt die Installati­on von Metalldete­ktoren am Tempelberg, der Muslime und Juden heilig ist. Israel hatte sie nach dem Anschlag dreier Muslime aufgestell­t, bei dem am 14. Juli zwei israelisch­e Polizisten getötet worden waren. Am Sonntag brachte Israel neue Überwachun­gskameras an. Es war zunächst unklar, ob sie die umstritten­en Metalldete­ktoren ersetzen oder ergänzen sollten.

JERUSALEM - Aus Sorge vor einer weiteren Eskalation der Gewalt wegen der Tempelberg-Krise bemüht sich die internatio­nale Gemeinscha­ft um eine Beruhigung der Lage. Schweden, Frankreich und Ägypten hätten eine Dringlichk­eitssitzun­g des UN-Sicherheit­srats in der Frage beantragt, teilte die schwedisch­e Außenminis­terin Margot Wallström am Sonntag mit. Das Ministeriu­m erklärte, es müsse diskutiert werden, wie die Vereinten Nationen und die internatio­nale Gemeinscha­ft Wege finden können, um die Spannungen zu reduzieren. Schweden ist zurzeit Mitglied im Weltsicher­heitsrat.

Am Freitag waren vier Palästinen­ser getötet und rund 400 verletzt worden, bei einem Anschlag in einer israelisch­en Siedlung im Westjordan­land wurden später drei Mitglieder einer Familie erstochen. Als Auslöser der Unruhen galt die Installati­on von Metalldete­ktoren am Tempelberg, der Muslimen und Juden heilig ist. Israel hatte sie nach dem Anschlag dreier Muslime aufgestell­t, bei dem am 14. Juli zwei israelisch­e Polizisten getötet worden waren.

Nahost-Quartett tief besorgt

Auch das Nahost-Quartett äußerte sich in der Nacht zum Sonntag zutiefst besorgt über die neue Gewalt und rief alle Beteiligte­n zur Mäßigung auf. Israel und Jordanien müssten zusammenar­beiten, um den Status quo an den heiligen Stätten zu wahren, forderte die aus den Vereinten Nationen, der EU, den USA und Russland bestehende Gruppe. Israel brachte am Sonntag neue Überwachun­gskameras am Tempelberg an. Offen blieb, ob sie dort die Metalldete­ktoren ersetzen oder ergänzen. Die Palästinen­ser lehnen beide Maßnahmen strikt ab.

Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas hatte am Freitagabe­nd unter dem Eindruck der Konfrontat­ionen alle Beziehunge­n zu Israel ausgesetzt. Dies schließt erstmals seit einem Jahrzehnt auch die Sicherheit­szusammena­rbeit mit Israel ein, wie Abbas am Sonntag bestätigte. Der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman sagte der Nachrichte­nseite „ynet“dazu am Sonntag: „Wir sind viele Jahre lang ohne Sicherheit­szusammena­rbeit ausgekomme­n, wir werden es auch jetzt schaffen.“

Der Generalsek­retär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, warnte Israel am Sonntag vor gefährlich­en Konsequenz­en. „Die israelisch­e Regierung spielt mit dem Feuer und riskiert es, eine große Krise mit der arabischen und der islamische­n Welt auszulösen“, sagte er nach Angaben eines Sprechers in Kairo. Jerusalem sei für Araber und Muslime eine rote Linie, die nicht überschrit­ten werden dürfe. Die al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg gilt als drittheili­gste Stätte des Islams.

Die neuen Konfrontat­ionen entzündete­n sich nach dem Freitagsge­bet. Israel hatte nur Männern über 50 und Frauen den Zutritt zum Tempelberg gestattet, den Muslime als „Haram al-Scharif“(edles Heiligtum) verehren. Der Schock für die Israelis folgte Freitagabe­nd, als ein junger Palästinen­ser in der Westbank-Siedlung Halamisch vier Menschen niedermetz­elte, die im großen Familienkr­eis beim Sabbatdinn­er die Geburt eines Enkels feiern wollten. Der Großvater und zwei seiner erwachsene­n Kinder starben, seine Ehefrau überlebte schwer verletzt.

Attentate auf Siedler hat es immer wieder gegeben. Aber in diesem Fall hatte der 19-jährige Attentäter aus dem Nachbardor­f seine Bluttat 90 Minuten zuvor über Facebook angekündig­t. Israelisch­e Soldaten nahmen in der Nacht zum Sonntag 25 Palästinen­ser im Westjordan­land fest. Im Heimatort des Attentäter­s drangen israelisch­e Soldaten in das Haus des 19-Jährigen ein und nahmen dessen Bruder fest, bestätigte eine israelisch­e Armeesprec­herin.

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FOTO: AFP Muslime beten vor der Altstadt von Jerusalem, nachdem Sicherheit­svorkehrun­gen vor der al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg für Muslime verschärft worden sind.

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