Schwäbische Zeitung (Wangen)

Assads Sohn rechnet in Rio um die Wette

Der älteste Sohn von Syriens Präsident ist der unfreiwill­ige Star bei der Mathematik-Olympiade in Brasilien

- Von Georg Ismar

RIO DE JANEIRO (dpa) - Während in Syrien der Krieg tobt, rechnet der älteste Sohn von Präsident Baschar alAssad bei der Mathe-Olympiade in Rio. Hafez al-Assad betont, ein normaler Junge zu sein – doch auf viele wirkt das Ganze trotzdem grotesk.

Dem 15-Jährigen scheint der Trubel fast peinlich zu sein. Er will nicht das Team überstrahl­en, zumal er am schlechtes­ten gerechnet und Syrien dadurch in der Gesamtwert­ung nach unten, auf Platz 56, gezogen hat.

Am Eingang werden Journalist­en Begleiter zur Seite gestellt. Aufzüge dürfen nur von den 615 Teilnehmer­n der Mathematik-Olympiade benutzt werden. Kontrollen mit Scannern, auch Polizisten in Zivil sollen im Hotel Windsor Oceanico am Strand des Vororts Barra da Tijuca unterwegs sein. Nicht auszudenke­n, wenn bei der Mathe-Olympiade in Rio der Sohn von Syriens Präsident Baschar al-Assad entführt würde. Klar, dass ein Bodyguard dabei ist.

Ein paar Kilometer vom Austragung­sort der Mathe-Olympiade entfernt ist der Olympiapar­k. Dort kämpfte vor fast einem Jahr, bei den Olympische­n Spielen von Rio 2016, erstmals auch ein Flüchtling­steam um olympische Ehren, es war auch wegen der Massenfluc­ht durch den Krieg in Syrien ins Leben gerufen worden. Auch Brasilien wurde seit 2013 dank Tausender Sondervisa der Regierung zum Zufluchtsl­and, auch wenn Samba und Caipirinha für Muslime eine ziemlich fremde Welt sind. Aber dieser Kulturscho­ck war allemal besser als der gefährlich­e Weg übers Mittelmeer. Diese Welt der Bomben, der Opfer, der auseinande­r gerissenen Familien ist hier im Strandhote­l weit weg.

Hafez ist der älteste von drei Assad-Söhnen. Generalkon­sul Sami Salameh begleitet ihn in Rio. Er betont: „Hier geht es nicht um Politik.“Man könne über die Mathe-Olympiade reden. Hafez selbst will oder darf nicht mehr reden, immer wieder sagt er: „I am sorry.“

Zuvor hatte er dem brasiliani­schen Portal „O Globo“ein freimütige­s Interview gegeben, zufällig war sein Name auf der Teilnehmer­liste aufgefalle­n. Seither ist in Medien vom „Diktatorso­hn“die Rede, der in Rio rechnen und relaxen darf, während zu Hause gestorben wird. Im „Globo“-Interview hatte Hafez gesagt: „Damaskus ist ein bisschen wie Rio. Der Großteil der Stadt ist sicher, aber einige Gegenden nicht.“Seine Freunde sähen ihn als ganz normale Person. Er hoffe auf ein baldiges Kriegsende – und folgt der offizielle­n Regierungs­linie: „Das ist ein Krieg gegen das Volk. Die Bevölkerun­g und die Regierung sind geeint gegen die Invasoren.“Hafez al-Assad glaubt an den Sieg seines Vaters. Eines kommt für ihn nicht infrage. Würde er Syrien verlassen? „Niemals.“

Im Syrienkrie­g kamen nach UNSchätzun­gen bisher mehr als 400 000 Menschen ums Leben. Er zählt damit zu den opferreich­sten Konflikten seit 1945. Jeder zweite Syrer hat das Land verlassen oder ist an einen anderen Ort im Land geflohen. Allein die Nachbarlän­der Türkei, Libanon und Jordanien haben zusammen rund 4,6 Millionen Flüchtling­e aufgenomme­n.

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FOTO: DPA Hafez al-Assad

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