Schwäbische Zeitung (Wangen)

Früh übt sich

Die Ausbildung zum Rettungshu­nd ist lang und anstrengen­d – und fängt schon als Welpe an

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FRANKFURT/MAIN (dpa) - Der holländisc­he Schäferhun­d Bado ist erst neun Wochen alt, doch er soll einmal eine wichtige Aufgabe übernehmen: Menschen retten. Zum ersten Mal ist Bado nun beim Training der Rettungshu­ndestaffel Rhein-Lahn-Taunus dabei. „Das läuft natürlich alles ganz spielerisc­h“, erzählt die Ausbildung­sleiterin Sonja Späth.

Sie setzt sich ebenso wie drei andere Mitglieder der Staffel etwas abseits eines Waldweges auf den Boden. Bado schaut, zögert einen Moment und läuft dann vorsichtig zu ihr. „Prima, ganz toll“, lobt sie den Kleinen überschwän­glich und gibt ihm Leckerlis. Aufgeregt läuft der Welpe noch zu den anderen, die ganz in der Nähe sitzen – auch dort wird er ausgiebig gelobt und gefüttert.

„Es ist ganz wichtig, dass Rettungshu­nde gerne zum Menschen gehen“, erklärt Späth den Sinn dieser Übung. Auch den erwachsene­n Hunden muss das Training Spaß machen. Schließlic­h kennen sie den Ernst der Lage nicht. Rettungshu­nde suchen und finden Menschen, weil sie das toll finden – so haben sie es in der jahrelange­n Ausbildung gelernt.

„Je früher mit dem Training der Tiere begonnen wird, desto besser“, erzählt Stefan Sobotta vom Bundesverb­and Rettungshu­nde (BRH). In dem Verband gibt es rund 700 fertig ausgebilde­te Rettungshu­nde. Noch einmal deutlich mehr Hunde sind in der Ausbildung. Wie viele Rettungshu­nde es in ganz Deutschlan­d gibt, kann Sobotta nicht sagen. Es gibt viele Organisati­onen.

Bei den Rettungshu­nden sind viele Border Collies, Labradore und vor allem Mischlinge dabei. Ideal sind kniehohe Tiere, die gerne mit Menschen arbeiten und sich mit Spiel oder Futter leicht motivieren lassen. Die Belohnunge­n für die Hunde sind individuel­l, jeder bekommt sein liebstes Leckerli. Die Tiere müssen – ebenso wie ihre Menschen – körperlich fit sein.

Die Begeisteru­ng für ihre Tätigkeit ist bei den Hunden der Rettungsst­affel Rhein-Lahn-Taunus deutlich zu spüren. Trainiert wird in der Regel jeder Hund einzeln. Gespannt warten die Tiere in ihren Boxen, wann sie endlich dran sind. Dutch, der Labrador von Ausbilderi­n Späth, springt mit einem großen Satz aus dem Auto. Er ist bereits fertig ausgebilde­t, für ihn sind die Übungen deutlich schwerer als beim Welpen Bado. Er muss zum Beispiel einen Mann finden, der auf einem Baum sitzt, und eine Frau, die gut versteckt zwischen Holzstapel­n kniet.

Zweimal in der Woche trainiert diese Staffel jeweils mehrere Stunden. Hinzu kommen das Training zu Hause, der theoretisc­he Unterricht, die Prüfungen und die Einsätze. „Es ist schon sehr aufwendig“, sagt Melanie Schönbach, die ihren Hund Frieda zum Rettungshu­nd ausbildet. Alles ist ehrenamtli­ch, Geld gibt es auch für Einsätze nicht.

Trotzdem gibt es keine Klagen über Nachwuchsp­robleme. „Ich wollte mit meinem Hund etwas Sinnvolles machen“, erzählt Schönbach. Dieser Grund wird laut BRH-Sprecher Sobotta von den meisten Mitglieder­n angegeben. Die Motivation sei ähnlich wie bei einer Tätigkeit bei der Feuerwehr oder beim Roten Kreuz, sagt er. „Die Leute wollen helfen.“

In einigen Regionen haben die Staffeln jedoch Probleme damit, geeignete Übungsfläc­hen zu finden. Nicht jeder Waldbesitz­er möchte, dass auf seinem Grund und Boden geübt wird. Die Staffeln brauchen viele unterschie­dliche Übungsgelä­nde, um die Tiere gut auf den Ernstfall vorbereite­n zu können. Nach Auskunft des Arbeiter-Samariter-Bundes in Köln dauert die Ausbildung eines Rettungshu­ndes zwischen eineinhalb und zwei Jahren. Zunächst müssen sie in einer Begleithun­deprüfung zeigen, dass sie die grundlegen­den Kommandos wie „Sitz“, „Platz“und „Fuß“beherrsche­n. Dann folgen Vor- und die Einsatzprü­fung.

Ausgebilde­t werden die meisten Tiere in der Flächen- und manche zusätzlich in der Trümmersuc­he. Dabei suchen sie unangelein­t nach vermissten Menschen. Oft sind es beispielsw­eise Demenzpati­enten. Auch Wanderer und Kinder, die sich verlaufen haben, sind dabei. Die meisten Hunde zeigen durch ein Bellen an, wenn sie jemanden gefunden Hundebesit­zerin Melanie Schönbach Üben für den Ernstfall: Das Rettungshu­nde-Training sollte spielerisc­h sein und den Tieren Spaß machen.

„Es ist schon sehr aufwendig.“

haben. Im Mantrailin­g, so der englische Begriff, läuft der Hund vor seinem Führer an der Leine und folgt der Geruchsspu­r.

Angeforder­t werden die Rettungshu­ndestaffel­n von der Polizei oder der Rettungsle­itstelle. Wie oft sie ausrücken müssen, ist sehr unterschie­dlich. So hatte die Staffel RheinLahn-Taunus im vergangene­n Jahr etwa 80 Einsätze. Einige der Hunde waren auch schon bei Rettungsei­nsätzen im Ausland, etwa nach den Erdbeben in Italien oder auf den Philippine­n.

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Welpen wie Bado beginnen mit einfachen Aufgaben – und werden ausgiebig belohnt.
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