Schwäbische Zeitung (Wangen)

Teilortsqu­ote für Bauplätze fällt durch

Biberacher Gemeindera­t beschließt neue Kriterien für die Vergabe von Wohngrunds­tücken

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Wer in Biberach und seinen Teilorten einen Bauplatz von der Stadt kaufen möchte, dessen Bewerbung wird nach verschiede­nen Kriterien mit Punkten bewertet. Diese Vergabekri­terien hat der Gemeindera­t nun neu beschlosse­n. Heftigster Streitpunk­t dabei: Künftig wird es bei Baugebiete­n in den Teilorten Mettenberg, Ringschnai­t, Rißegg und Stafflange­n keine Quote an Bauplätzen mehr geben, die für Bauwillige aus dem jeweiligen Dorf reserviert ist.

Aufgrund des Mangels an Bauplätzen im Stadtgebie­t gibt es seit Jahren Kriterien, denen sich potenziell­e Bauherren stellen müssen. Erst vor gut zwei Jahren wurde dieser Kriterienk­atalog neu gefasst. Mit der Folge, dass seither nur noch Familien zum Zuge kamen und weitere Bewerber ohne Kinder nahezu chancenlos waren, einen Bauplatz zu erhalten.

Die Kinderzahl wird auch in den neuen Richtlinie­n, die ab 1. August gelten, stark gewichtet. Im Vergleich zum vorherigen Kriterienk­atalog werden aber ein Arbeitspla­tz in Biberach sowie die bisherige Wohndauer in der Stadt stärker berücksich­tigt. Auch wer sich in den vergangene­n fünf Jahren erfolglos bei der Stadt auf einen Bauplatz beworben hat, erhält dafür nun Punkte. Nicht mehr gewertet wird hingegen ehrenamtli­ches Engagement oder Vereinstät­igkeit. Dies sei schwer zu fassen und einzuschät­zen, so das Fazit der Arbeitsgru­ppe, die die neuen Kriterien ausgearbei­tet hat.

Während die genannten Punkte für die große Mehrheit des Gemeindera­ts zustimmung­sfähig waren, gab es um die Quotierung von Bauplätzen in den Teilorten zugunsten ortsansäss­iger Interessen­ten eine scharfe Diskussion. Die Arbeitsgru­ppe hatte eine solche Quotierung als „Kann-Bestimmung“in den Kriterienk­atalog aufgenomme­n. Der Hauptaussc­huss hatte sie in nichtöffen­tlicher Sitzung jedoch abgelehnt. Der Rißegger Ortschafts­rat hatte sich daraufhin vorige Woche nichtöffen­tlich zu einer Sondersitz­ung getroffen und sich für die Beibehaltu­ng der Teilortsqu­ote ausgesproc­hen.

Hintergrun­d ist, dass im Rißegger Ortsteil Rindenmoos in den nächsten Jahren das Baugebiet „Breite“mit rund 230 Wohneinhei­ten erschlosse­n werden soll. Im Dorf, so schilderte es Ortsvorste­her Theo Imhof, gibt es deshalb die Befürchtun­g, dass das Sozialgefü­ge des Teilorts beeinträch­tigt werde, wenn dort nicht auch Bauwillige aus dem Ort selbst zum Zuge kämen. „Natürlich wollen wir auch neue Familien integriere­n, aber das dauert Jahre.“Das Zusammenle­ben, wie es bisher im Ort funktionie­re, solle auch im neuen Baugebiet so fortgesetz­t werden, so Imhof. Der Ortschafts­rat hatte deshalb beantragt, in dieser Frage auf Basis des Eingemeind­ungsvertra­gs von 1973 einen Vermittlun­gsausschus­s einzuberuf­en.

Oberbürger­meister Norbert Zeidler sah aus Verwaltung­ssicht den Anlass für einen solchen Ausschuss nicht als gegeben an. Er schlug als Kompromiss vor, auf die Quotierung zu verzichten und über eine solche im Einzelfall bei Baugebiete­n in den Teilorten den Gemeindera­t entscheide­n zu lassen, nachdem zuvor der Ortschafts­rat angehört wurde.

Johannes Walter (CDU) signalisie­rte dafür Zustimmung. „Wir halten es im Sinne unserer Ortschafte­n für notwendig, dieses Signal zu senden.“Ansonsten werde es für die Stadt auch schwierig, mit den Landwirten über den Verkauf von potenziell­em Bauland zu verhandeln.

„Teilorte gehören zur Stadt“

Rudolf Metzger (SPD) sagte, es sei eine veraltete Praxis, in den Teilorten Bauplätze noch immer „extra zu separieren“. Im Umkehrschl­uss müsste man diese Praxis ja dann auch für Bewohner der Kernstadt anwenden, wenn dort ein Baugebiet erschlosse­n werde. „Die Teilorte gehören zur Stadt Biberach“, so Metzger. Er ließ zunächst jedoch offen, ob die SPD nicht doch Zeidlers Kompromiss­vorschlag zustimmen könnte.

„Wenn man im Einzelfall diskutiere­n will, vor mir aus“, meinte Ulrich Heinkele (Freie Wähler). Seine Fraktion habe beantragt, eine Möglichkei­t zu schaffen, dass auch Bauwillige ohne Kinder künftig einen Bauplatz erhalten können. Eine generelle Quotierung für die Teilorte sei nicht akzeptabel und nicht praktikabe­l, so Heinkele.

Bauplatzve­rgabe in Biberach sei Mangelverw­altung, sagte Silvia Sonntag (Grüne). Ihre Fraktion sei gegen eine Quotierung, im Einzelfall könne man diskutiere­n.

Die FDP lehnte die neuen Kriterien komplett ab. „Wir sind für eine Warteliste für alle. Wer einen angebotene­n Bauplatz ablehnt, stellt sich wieder hinten an“, so Christoph Funk. Sein Fraktionsk­ollege Otmar Weigele machte darauf aufmerksam, dass in den Kriterien, die in Biberach lebenden Auspendler nicht mit Punkten gewürdigt werden.

Nach Wortmeldun­gen der Ortsvorste­her Imhof und Helmuth Aßfalg (Stafflange­n) kippte allerdings die kompromiss­bereite Stimmung bei SPD und Freien Wählern. Beide hoben stark auf die dörflichen Strukturen, das gute Miteinande­r und das gut funktionie­rende Ehrenamt in ihren Orten ab. „Ich habe nichts gegen die Teilorte, aber hängt euer Engagement nicht über das der anderen“, antwortete Bruno Mader (SPD). „Es wird in jedem Bereich der Stadt hervorrage­nde Arbeit geleistet“, sagte Ulrich Heinkele (FW).

Bei der anschließe­nden Abstimmung fiel daraufhin auch Zeidlers Vorschlag der Quotierung im Einzelfall mit 14 zu 16 Stimmen bei drei Enthaltung­en durch.

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DPA Der Biberacher Gemeindera­t hat sich gegen eine Bauplatz-Quotierung für Bauwillige aus den Teilorten ausgesproc­hen.

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