Gelinkt vom „Holländer“
Raubüberfall in Tettnang – Gericht verhandelt gegen drei Männer aus Friedrichshafen
RAVENSBURG (flo) - Im Fall des Raubüberfalls auf ein Tettnanger Ehepaar haben am Dienstag zwei der drei Angeklagten ausgesagt. Das Problem: In entscheidenden Teilen weichen die Tatschilderungen voneinander ab. Der eine Mann gestand, dass der Überfall geplant gewesen war. Der andere erklärte hingegen, dass ein Wohnungseinbruch aus dem Ruder gelaufen war.
„Ich möchte die Wahrheit erzählen – vom Anfang bis zum Ende.“Mit diesen Worten leitete ein Angeklagter am Dienstagmorgen sein Geständnis ein, nachdem er am ersten Verhandlungstag noch zur Tat geschwiegen hatte. Der Mann erklärte, dass er mit einem Komplizen, den er nur den „Holländer“nannte, am 8. März 2016 die Villa des Ehepaars in Tettnang ausgespäht hatte. Im Prinzip sei es darum gegangen, Einstiegsmöglichkeiten ins Haus zu finden. Den Tipp, dass es dort reiche Leute wohnen, habe er von jenem 34-Jährigen bekommen, der neben ihm auf der Anklagebank sitzt. Der soll ihnen auch gesagt haben, dass es im Haus einen Tresor gibt, der mit einem Zahlencode geöffnet werden kann.
Am nächsten Tag, dem 9. März, habe er sich ab dem späten Nachmittag mit dem „Holländer“in Tettnang herumgetrieben. Als es dunkel wurde, suchten sich die beiden auf dem Grundstück der späteren Opfer ein Versteck. Dort, berichtete er, warteten sie auf ein vereinbartes Telefonsignal, dass das Ehepaar nach Hause kommt. Beim Überfall habe er die Frau mit einer Gaspistole bedroht, sein Komplize habe mit dem Mann gekämpft und ihn dabei mit einem Messer verletzt. Mit 600 Euro Bargeld habe sich der „Holländer“nicht zufrieden gegeben, er wollte an den Safe. „Irgendwann sind wir abgehauen“, berichtete der Angeklagte. Dass an jenem Abend 30 000 Euro erbeutet wurden, will er erst aus der Zeitung erfahren haben. Den „Holländer“, der ihn offenbar gelinkt hatte, habe er nach diesem Tag nie wieder gesehen.
Fahrer soll nichts gewusst haben
Eine andere Wahrheit präsentierte sein 34-jähriger Mitangeklagter. „Von Raubüberfall war nie die Rede. Wir wollten nur einen Einbruch machen“, behauptete er. Mit dem Auto, das der dritte Angeklagte – ein „väterlicher Freund“– fuhr, habe man nachmittags die Tettnanger Eheleute bis nach Fischbach verfolgt. Als die sich abends auf den Rückweg machten, habe er kurz bei den Männern in der Villa durchgeklingelt – dies habe aber als Warnsignal zur Flucht gedient, nicht als Startschuss für einen Überfall. Bei seiner Aussage beteuerte der Mann, dass der Fahrer nichts vom kriminellen Plan der anderen gewusst habe. Nach der Tat habe es im Fluchtfahrzeug zwischen den vier Beteiligten eine heftige Diskussion über eine Aktion gegeben, die „völlig aus dem Ruder“gelaufen sei.
Diese Version der Tat und insbesondere die Behauptung, dass der Fahrer nicht eingeweiht war, befand Richter Veiko Böhm „nicht überzeugend“. Er zeigte wenig Verständnis für die Loyalität des 34-Jährigen gegenüber dem „väterlichen Freund“und machte auch deutlich, dass der dritte Mann mit seinem Schweigen hoch pokere. Es sei schwer zu glauben, dass er dem einen Angeklagten sowie dem „Holländer“Werkzeug gebe, das für einen Einbruch geeignet ist, und zudem den anderen Angeklagten durch die Gegend fahre, ohne zu wissen warum.