Schwäbische Zeitung (Wangen)

Brandstift­er zu vier Jahren Haft verurteilt

Keller eines Mehrfamili­enhauses in der Ravensburg­er Weststadt angezündet – Wiederholu­ngstäter

- Von Sybille Glatz

RAVENSBURG - Wegen versuchter schwerer Brandstift­ung ist ein 24jähriger Tettnanger vor dem Landgerich­t Ravensburg zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im Oktober 2015 im Keller eines Mehrfamili­enhauses in der Ravensburg­er Weststadt ein Papiertasc­hentuch angezündet und dieses brennend in einen Karton geworfen habe. Der Karton habe Feuer gefangen, das Feuer habe auf in der Nähe stehende Elektroger­äte übergegrif­fen. Es war dies nicht die erste Brandstift­ung des Mannes.

Bei dem Brand in der Weststadt war ein Schaden von 20 000 Euro entstanden. Mit dem Urteil folgte das Gericht in weiten Teilen der Forderung der Staatsanwa­ltschaft.

Der Angeklagte hatte zuvor ein umfassende­s Geständnis abgelegt und die Tat geschilder­t. Im Oktober 2015 arbeitete er als Freigänger bei einem Hausmeiste­rservice. Zusammen mit einem Kollegen sollte er am 20. Oktober die Vordächer einer Wohnanlage in der Weststadt reinigen. Wie der Angeklagte ausführte, habe er sich vormittags in einem nahe gelegenen Einkaufsla­den Dosenbier besorgt, das er während der Arbeit trank. Nachmittag­s sei er hinunter in den Keller der Wohnanlage gegangen. Dort habe er ein Papiertasc­hentuch angezündet und in einen Karton geworfen, der in einer Kellernisc­he stand. Danach sei er wieder nach oben gegangen.

Noch während er und sein Kollege sich bei der Wohnanlage aufhielten, wurde der Brand von einem Bewohner entdeckt und die Feuerwehr alarmiert. Der damalige Hausmeiste­r versuchte zweimal, den Brand mit einem Feuerlösch­er zu löschen, brach den zweiten Versuch jedoch aufgrund der Höhe der Flammen und der starken Rauchentwi­cklung ab. Er wurde später wegen des Verdachts auf Rauchgasve­rgiftung in ein Krankenhau­s eingeliefe­rt. Die eintreffen­de Feuerwehr löschte dann den Brand.

Der Keller wurde komplett ausgeräumt und renoviert, was nach Angaben eines Bewohners mindestens ein halbes Jahr dauerte. Recht schnell kam der Verdacht auf, dass der junge Mann etwas mit dem Brand zu tun habe. Bei der zweiten Vernehmung durch die Polizei gab dieser die Tat zu.

Bei der Gerichtsve­rhandlung spielten zwei Dinge eine wichtige Rolle: die Alkoholabh­ängigkeit des Angeklagte­n und seine Vorstrafen wegen Sachbeschä­digungen und Brandstift­ungen. Unter diesen ragt eine besonders hervor: 2013 hatte der damals 20-Jährige mit Papiertasc­hentuch und Feuerzeug einen Altpapierc­ontainer in der Nähe der Carl-Gührer-Sporthalle in Tettnang angezündet. Das Feuer hatte auf das Dach der Halle übergegrif­fen und verursacht­e dort einen Schaden von circa 600 000 Euro.

Für diese Tat wurde der Tettnanger zu 26 Monaten Freiheitss­trafe verurteilt, die er im Juni 2015 in Ravensburg antrat. Bald nach Haftbeginn durfte er als Freigänger bei dem Hausmeiste­rservice arbeiten. Etwa vier Monate später kam es zu der Brandstift­ung in der Ravensburg­er Weststadt.

Rückfall in die Sucht

Die Motive des Angeklagte­n blieben bis zum Schluss unklar. Auch die Sachverstä­ndige vom Zentrum für Psychiatri­e in Weißenau, Kerstin Schwarz, konnte nur wenig Licht in das Dunkel bringen. Sie diagnostiz­ierte bei dem 24-Jährigen eine Alkoholabh­ängigkeit und eine schizoide Persönlich­keitsstöru­ng (siehe Info-Kasten). In den bisherigen Therapien habe er zwar Fortschrit­te gezeigt, der durchschla­gende Erfolg sei jedoch ausgeblieb­en. Immer wieder habe es Rückfälle in die Alkoholsuc­ht gegeben.

Als Motiv nannte der Angeklagte selbst, dass er sich zu dieser Zeit im Gefängnis von den offizielle­n Stellen unter Druck gesetzt gefühlt habe, Aussagen über seine weitere Zukunft zu machen. Zudem habe ihn der Strafproze­ss gegen seinen Vater belastet, der damals wegen sexuellen Missbrauch­s angeklagt war.

Im Abschlussp­lädoyer ließ Verteidige­r Gerd Pokrop Kindheit und Jugend des Angeklagte­n Revue passieren, die von der Trennung der Eltern und Mobbing-Erfahrunge­n in der Schule negativ geprägt gewesen seien. Er forderte das Gericht auf, die bisherigen Fortschrit­te des Angeklagte­n in Rechnung zu stellen und seine Unterbring­ung in einer Entziehung­sanstalt anzuordnen. Dieser Bitte folgte das Gericht nicht.

Wie der Vorsitzend­e Richter Matthias Geiser ausführte, hoffe man zwar, dass der Angeklagte sich ändere, die zahlreiche­n Rückfälle ließen jedoch keine konkreten Erfolgsaus­sichten für eine Therapie erkennen. Die in sich gekehrte und wenig offene Persönlich­keit erschwere eine Therapie. Auch eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit durch den Alkoholkon­sum sei nicht gegeben. Der Angeklagte sei durch die Biere zwar angetrunke­n, aber nicht betrunken gewesen.

Im Strafmaß folgte das Gericht schließlic­h dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft und verurteilt­e den 24-Jährigen zu vier Jahren Haft.

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FOTO: DPA Beim Strafmaß folgte das Gericht den Forderunge­n der Staatsanwa­ltschaft.

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