Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Leben für Hello Kitty

Der Japaner Masao Gunji besitzt die weltgrößte Sammlung – sie ist sein ganzer Lebensinha­lt

- Von Lars Nicolaysen

CHIBA (dpa) - Behutsam nimmt Masao Gunji die Liebe seines Lebens in den Arm und streicht ihr über den Kopf. Nein, nicht seiner Frau, sondern Hello Kitty. „Sie ist ja so süß. Alles an Kitty ist niedlich“, erzählt der 67 Jahre alte Japaner und strahlt übers ganze Gesicht. Der pensionier­te Polizist ist von einem ganzen Harem an Hello-Kitty-Figuren umgeben: Mehr als 10 000 Hello-Kitty-Figuren in allen Größen sowie andere Produkte mit dem Motiv der berühmten Figur hat Gunji über die vergangene­n 30 Jahre hinweg angesammel­t – und dafür schon mehr als 20 Millionen Yen (155 000 Euro) hingeblätt­ert. Weil sein Wohnhaus östlich von Tokio vor lauter Hello Kitty aus allen Nähten platzte, hat er der Figur 2013 nebenan eigens ein rosarotes Kitty-Haus bauen lassen. Dort verbringt er seine Zeit.

Gunji ist mit seiner kuriosen Sammlerlei­denschaft inzwischen eine Berühmthei­t geworden. 2016 gelangte er sogar in das Guinnessbu­ch der Rekorde. Um den gigantisch­en Aufwand in Grenzen zu halten, schleppten er und seine Frau ganze 5250 ausgewählt­e Stücke zur Prüfung heran. Weil der einen oder anderen Kitty jedoch die berühmte Schleife am linken Ohr fehlte, wurden zwar „lediglich“5169 Stücke anerkannt – damit übertraf Gunji dennoch den vorherigen Rekord einer Landsfrau mit 4590 Hello-Kitty-Teilen.

Hello Kitty – zu Deutsch „Hallo Kätzchen“– erblickte 1974 das Licht der Welt. Zunächst diente die Figur mit dem Schleifche­n am Scheitel und pinkfarben­en Kleidern als Illustrati­on einer Kindergeld­börse und wuchs später zu einer internatio­nalen Stilikone heran, die mit Zehntausen­den Produkten in aller Welt zu einem gigantisch­en Exportschl­ager für Japan wurde. Jahr für Jahr spült sie dem japanische­n Sanrio-Konzern Milliarden in die Kassen. Mittlerwei­le gibt es Produkte für jedes Alter: von Kleidern, Spielzeug, Schreibwar­en, Toastern, Parfüm, Schmuck bis hin zu Computern und Handys. In Japan betreibt Sanrio ganze Hello-Kitty-Erlebnispa­rks.

2014 sorgte dann plötzlich die Nachricht für Wirbel unter den Fans, dass Hello Kitty trotz des Namens in Wirklichke­it gar kein Kätzchen ohne Mund sei, sondern vielmehr ein englisches Schulmädch­en. Dass Hello Kitty kein Kätzchen sei, weiß natürlich auch Gunji, dessen Mercedes auch voller Hello-Kitty-Artikel steckt. „Für mich ist sie ein Familienmi­tglied.“Anfangs sei sie gar nicht begeistert gewesen, erzählt seine Frau Yoshiko (76). Sie sei kein KittyFan, aber wenn ihr Mann sich nun mal solche Mühe gebe und glücklich dabei sei. „Meine Frau hat resigniert und sagt nichts mehr“, lacht Gunji.

Jeden Morgen, wenn Gunji sein Kitty-Haus betritt, begrüßt er seine Tausenden von Kitty-Figuren mit einem fröhlichen „Ohayou gozaimasu“– „Guten Morgen“. Die meiste Zeit des Tages verbringt Gunji mit Hello Kitty. „Sie ist so süß. Das tröstet mich“, erzählt der 67-Jährige. Besonders von ihren Augen ist der Rentner angetan. „Kitty hat ja keinen Mund, aber mit den Augen spricht sie mich an“, sagt Gunji und hält eine Figur im Arm. „Wenn ich traurig bin, sieht Kitty auch traurig aus. Wenn ich fröhlich bin, sieht sie auch fröhlich aus.“

Angefangen hatte alles vor 30 Jahren auf einem Betriebsau­sflug, wo er ein Hello-Kitty-Mitbringse­l erwarb. „Ich konnte nicht mehr aufhören, Kitty zu sammeln.“Oft bekommt Gunji in seinem Kitty-Haus Besuch von anderen Fans, die teils von weither anreisen. Obwohl die Häuser aus allen Nähten platzen, sammelt er weiter. „Alle drei bis sechs Monate kommen neue Produkte auf den Markt, das kaufe ich dann immer“, erzählt er. Dann ruft ihn ein Kaufhaus, das Kitty-Produkte vertreibt, eigens an. Das Geld ist ihm völlig egal.

„Für mich ist sie ein Familienmi­tglied.“ Masao Gunji, Hello-Kitty-Fan

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FOTOS: DPA Der ehemalige Polizeioff­izier Masao Gunji und seine Frau Yoshiko Gunji präsentier­en stolz ihre Sammlung.
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Mehr als 10 000 Hello-Kitty-Produkte stehen im Haus von Masao Gunji.

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