Schwäbische Zeitung (Wangen)

Shakespear­e in modernem Gewand

Festspiele Wangen feiern mit der Komödie „Viel Lärm um nichts“eine gelungene Premiere

- Von Babette Caesar

WANGEN - Shakespear­e wäre nicht Shakespear­e, wären seine Klassiker nicht derart wandelbar. Das macht sie bis heute zu Publikumsl­ieblingen. Die Festspiele Wangen haben ihre siebte Spielzeit mit einer dieser Komödien – mit „Viel Lärm um nichts“– am Donnerstag­abend im Zunftwinke­l eröffnet. Regisseur Peter Raffalt, der erstmals in Wangen inszeniert, hat mit seiner Premiere die Zuschauer begeistern können. Vor allem durch das hohe Tempo der Dialoge und ein Bühnenbild auf mehreren Ebenen.

„Wir legen los!“, gab Manfred Wolfrum als Sprecher des Vereins der Festspiele Wangen den Startschus­s. Ohne viel Worte, ohne große Vorreden, denn wer weiß, wie lange das Wetter mitmacht. Bis auf einige Schauer blieb es im Großen und Ganzen trocken – sehr zur Freude aller. Sind die Möglichkei­ten unter freiem Himmel zu spielen, doch die besseren.

Das Bühnenbild von Dominique Wiesbauer gleicht auf den ersten Blick einem aus Stangen und Latten zusammen geschuster­ten Gerüst mit mehreren Stockwerke­n, die sich entlang der Stadtmauer hochziehen. Es bietet den Akteuren aber im Laufe des Treibens die verschiede­nsten Auftrittsf­lächen mit bisweilen sehr überrasche­nden Momenten.

Mit etwas Ruhe vor dem Sturm

So treffend, spitzzüngi­g und tempogelad­en die Dialoge aus ihren Mündern kommen, so beweglich klettern sie die Leiter rauf und runter, um den oberen Balkon zu erklimmen. „Casa Leonata“steht auf einer Wand in glitzernde­n Schriftzüg­en. Goldene Lampions, Blumengirl­anden, eine Badewanne, seitlich ein Schwimmbas­sin und ein pinkfarben­er aufblasbar­er Wasserschw­an gehören zu den Requisiten.

Florian Hackspiel in einer Doppelroll­e als Bruder Franziskus und Borachio macht den Auftakt. Eher ruhig, aber nicht ohne Witz zur Musik von Vittorio de Vecchi, die melodisch die Zeit William Shakespear­es im 16. Jahrhunder­t widerspieg­elt. Seine Komödie ist ein Ränkespiel um Liebe und Verrat, um Lebenslust und Tragödie. Alles überspitzt in Szene gesetzt, bei dem die Darstellun­g der unterschie­dlichen Charaktere im Vordergrun­d steht.

Mit der Gutsbesitz­erin Donna Leonata (Elisabeth Ebner), ihrer Tochter Hero (Magdalena Oettl) und ihre Nichte Beatrice (Barbara Novotny) treffen drei Frauen aufeinande­r, die Weisheit, Jugend und Überschwan­g verkörpern. Ihnen gegenüber treten mit Christian Bartels als Don Pedro, Prinz von Aragon, Alessandro Nania Pacino als florentini­scher Graf Claudio und Christoph Gummert als Benedikt, Edelmann aus Padua, drei höfische Herren gegeneinan­der an, die vor keiner Intrige zurückschr­ecken, um aus Nichts viel Lärm zu machen.

Peter Raffalt hat der Inszenieru­ng seinen Stempel aufgedrück­t. Durch einen Sprachmodu­s, der zwischen Shakespear­eschem und Heutigem derart schnell hin- und her switcht, dass beides zu einem neuen Ganzen gerät. Dank der Kostüme von Elke Gattinger, die die Kontrahent­en modisch, aber nicht historisch gewandet. Bis auf Andeutunge­n im Falle von Leonatas Kleid oder später Benedikts Gehrock.

Peter Raffalt spielt auf mehreren Ebenen

Aus der Schlacht kehren die Männer zurück und brüsten sich mit ihren Erfolgen – gepflegt in grauen und blauen Anzügen. Hier spielt Raffalt auf mehreren Ebenen. „I’m a Scatman!“, dröhnt der schweißtre­ibende Rhythmus aus dem Off, während die Tänzer des Wangener Tanz Sport Clubs einen funkelnden Dancefloor entfachen. Solche neu geschaffen­en Bühnenbild­er reißen aus Vergangene­m heraus.

Sie beleben die Szenerie, in deren Mittelpunk­t die Paare stehen. Beatrice und Benedikt, die sich mit boshaften Beschimpfu­ngen das Leben versauern. Übermütig, jede Minute sprungbere­it, dem Gegner eins auswischen und das sehr zum Vergnügen der Zuschauer. Leonata fährt ihre Krallen aus, nachdem es durch Pedros Halbbruder Don John, den Christian Bartels stoisch und mürbe in einer Doppelroll­e mimt, zur Verleumdun­g von Hero gekommen ist. Claudio als stürmische­r, doch schnell aus der Fassung zu bringender Liebhaber, fällt auf die Intrige rein. Bis hin zur schaurig-dramatisch­en fackelbele­uchteten Szene am vermeintli­chen Grab Heros.

Die Anfeindung­en fallen deftig aus, bewahren aber ihren komischen Charakter. Raffalt mutet seinem Ensemble einiges an Beweglichk­eit zu. Insbesonde­re Beatrice und Benedikt kommen nicht zu kurz – von Liegestütz­en bis zum Planschsch­wan, den sich Benedikt um die Hüften schwingt und das Komplott von Leonata, Don Pedro und Claudio belauscht. Dieses Paar, das um alles in der Welt keines werden will, sprüht nur so vor Witz und Ironie. Sie sind ein Muss bei diesen Wangener Festspiele­n.

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FOTOS: CHRISTOPH MORLOK Ausverkauf­t war der Zunftwinke­l zur Festspiel-Premiere. Und das Wetter hat auch einigermaß­en mitgespiel­t.
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Nach dieser Schlusssze­ne gab es viel Applaus für die Akteure: Die Festspiel-Premiere war gelungen.

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