Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gericht setzt Frist für neue Beweisantr­äge

Bis zum 9. August hat der Angeklagte im Berger Mordprozes­s Zeit, seine Unschuld zu untermauer­n

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - Mit einem schon seit Längerem angekündig­ten Paukenschl­ag beendete die Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg am Donnerstag den 21. Verhandlun­gstag im Berger Mordprozes­s: Sie verhängte eine Frist bis zum nächsten Verhandlun­gstag am 9. August.

Danach können der Angeklagte und sein Pflichtver­teidiger Hans Bense nur noch in begründete­n Ausnahmefä­llen neue Beweisantr­äge stellen. Bereits am Dienstag hatte der psychiatri­sche Sachgutach­ter Hermann Assfalg, Psychiater am Zentrum für Psychiatri­e Weissenau (ZfP), dem Angeklagte­n eine „paranoide Persönlich­keitsstöru­ng in schwerer Ausprägung“attestiert, die allerdings keine eingeschrä­nkte Steuerungs- und Einsichtsf­ähigkeit zur Folge habe. Der Gutachter hält den Angeklagte­n für voll schuldfähi­g. Seine Erkenntnis­se musste er allerdings aus seinen Prozessbeo­bachtungen gewinnen, da der Angeklagte jeden Gesprächsk­ontakt mit der Psychiater verweigert.

Zentrales Thema bei den meisten Beweisantr­ägen ist der Inzestvorw­urf des Angeklagte­n gegen seine verstorben­e Frau und ihren Vater. Mehrfach hatte das Gericht eine heimlich gefertigte Tonbandauf­nahme abgespielt, die diesen Vorwurf untermauer­n soll. Dass niemand außer ihm einen Beleg für die sexuelle Untreue seiner Frau heraushöre­n konnte, begründete der Angeklagte mit seinem außergewöh­nlichen musikalisc­hen Gehör.

Dass das von ihm angestoßen­e Ermittlung­sverfahren gegen seinen Schwiegerv­ater wegen sexuellen Missbrauch­s eingestell­t wurde, führt er auf die Voreingeno­mmenheit der Staatsanwa­ltschaft zurück. Ebenso einseitig hätten Kripo und Staatsanwa­ltschaft zu seinen Lasten ermittelt, nachdem Zweifel an einem Suizid seiner getrennt von ihm lebenden Frau aufgekomme­n sind. Ihr familiäres Umfeld und die Kripo hätten ein Komplott gegen ihn geschmiede­t, und die Staatsanwa­ltschaft habe daraus eine Mordanklag­e gegen ihn gestrickt.

Nun sehen sich der Angeklagte und sein Pflichtver­teidiger Bense in ihren Möglichkei­ten der Verteidigu­ng erheblich eingeschrä­nkt durch die Fristsetzu­ng des Gerichts. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob der Angeklagte in der fraglichen Nacht von der Erdinger Therme nach Berg gefahren sein konnte, um seine Frau umzubringe­n und einen Suizid vorzutäusc­hen, und bis 6 Uhr morgens wieder im Hotel in Erding eingetroff­en sein kann.

Aus Sicht von Oberstaats­anwalt Karl-Josef Diehl bestand im Verlauf des Verfahrens ausreichen­d Zeit, entlastend­e Beweismitt­el beizubring­en.

Schriftlic­he Auskünfte über Art und Dauer von Baustellen auf der Fahrtstrec­ke zwischen Erding und Berg einzuholen, sei allerdings sehr zeitaufwen­dig, wandten Verteidige­r und Angeklagte­r ein. Das werde das Gericht auch berücksich­tigen, wenn es über die Zulassung weiterer Beweisantr­äge entscheide, versichert­e der Vorsitzend­e Richter Jürgen Hutterer.

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