Gericht setzt Frist für neue Beweisanträge
Bis zum 9. August hat der Angeklagte im Berger Mordprozess Zeit, seine Unschuld zu untermauern
RAVENSBURG - Mit einem schon seit Längerem angekündigten Paukenschlag beendete die Große Strafkammer des Landgerichts Ravensburg am Donnerstag den 21. Verhandlungstag im Berger Mordprozess: Sie verhängte eine Frist bis zum nächsten Verhandlungstag am 9. August.
Danach können der Angeklagte und sein Pflichtverteidiger Hans Bense nur noch in begründeten Ausnahmefällen neue Beweisanträge stellen. Bereits am Dienstag hatte der psychiatrische Sachgutachter Hermann Assfalg, Psychiater am Zentrum für Psychiatrie Weissenau (ZfP), dem Angeklagten eine „paranoide Persönlichkeitsstörung in schwerer Ausprägung“attestiert, die allerdings keine eingeschränkte Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit zur Folge habe. Der Gutachter hält den Angeklagten für voll schuldfähig. Seine Erkenntnisse musste er allerdings aus seinen Prozessbeobachtungen gewinnen, da der Angeklagte jeden Gesprächskontakt mit der Psychiater verweigert.
Zentrales Thema bei den meisten Beweisanträgen ist der Inzestvorwurf des Angeklagten gegen seine verstorbene Frau und ihren Vater. Mehrfach hatte das Gericht eine heimlich gefertigte Tonbandaufnahme abgespielt, die diesen Vorwurf untermauern soll. Dass niemand außer ihm einen Beleg für die sexuelle Untreue seiner Frau heraushören konnte, begründete der Angeklagte mit seinem außergewöhnlichen musikalischen Gehör.
Dass das von ihm angestoßene Ermittlungsverfahren gegen seinen Schwiegervater wegen sexuellen Missbrauchs eingestellt wurde, führt er auf die Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft zurück. Ebenso einseitig hätten Kripo und Staatsanwaltschaft zu seinen Lasten ermittelt, nachdem Zweifel an einem Suizid seiner getrennt von ihm lebenden Frau aufgekommen sind. Ihr familiäres Umfeld und die Kripo hätten ein Komplott gegen ihn geschmiedet, und die Staatsanwaltschaft habe daraus eine Mordanklage gegen ihn gestrickt.
Nun sehen sich der Angeklagte und sein Pflichtverteidiger Bense in ihren Möglichkeiten der Verteidigung erheblich eingeschränkt durch die Fristsetzung des Gerichts. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob der Angeklagte in der fraglichen Nacht von der Erdinger Therme nach Berg gefahren sein konnte, um seine Frau umzubringen und einen Suizid vorzutäuschen, und bis 6 Uhr morgens wieder im Hotel in Erding eingetroffen sein kann.
Aus Sicht von Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl bestand im Verlauf des Verfahrens ausreichend Zeit, entlastende Beweismittel beizubringen.
Schriftliche Auskünfte über Art und Dauer von Baustellen auf der Fahrtstrecke zwischen Erding und Berg einzuholen, sei allerdings sehr zeitaufwendig, wandten Verteidiger und Angeklagter ein. Das werde das Gericht auch berücksichtigen, wenn es über die Zulassung weiterer Beweisanträge entscheide, versicherte der Vorsitzende Richter Jürgen Hutterer.