Schwäbische Zeitung (Wangen)

Erst kühl, dann lau beim Marktplatz­kino

Insgesamt finden sich rund 350 Cineasten zu den zwei Veranstalt­ungen der Kulturgeme­inde ein

-

WANGEN (sz) - Unterschie­dlich besucht war das alljährlic­he Marktplatz­kino am Wochenende. Am kühlen Freitagabe­nd fanden rund 100 Besucher den Weg ins Stadtzentr­um, am deutlich wärmeren Samstagabe­nd waren es nach Schätzung der Kulturgeme­inde etwa 250.

„Am Freitag Abend hatten sich mehr als 100 Besucher auf dem Marktplatz eingefunde­n, die sich offensicht­lich ganz bewußt für die Anstrengun­g entschiede­n haben, sich trotz der empfindlic­hen Abendkühle mit einer der drängenden Fragen unserer Zeit zu konfrontie­ren“, berichtet Ingrid Sobez von der Kulturgeme­inde. Zu sehen gab es „Vor der Morgenröte“von Maria Schrader.

Zum Thematisch­en: Was bedeutet es, seine Heimat verlassen und in einer fremden Umgebung und Kultur einen Neuanfang versuchen zu müssen? Reicht es, dankbar für das eigene Überleben zu sein? Wieviel Verpflicht­ung erwächst daraus, auch Anderen zur Rettung zu verhelfen? Muß man – wie im Falle Stefan Zweigs – die eigene Berühmthei­t auch dazu nutzen, politisch aktiv zu werden: ganz konkret, in öffentlich­en Stellungna­hmen? Trotz oder wegen der eigenen Sicherheit, die man fern der lebensgefä­hrlichen Situation in der Heimat genießt? Darf man – kann man - seinen privaten Lebensentw­urf und sein privates Glück als unpolitisc­her Schriftste­ller (als Malerin, als Lehrerin oder Maurer) einfach weiter verfolgen? Verstörend­e Fragen, wie sie auch Ilija Trojanow in seinem Essay „Nach der Flucht“stellt: bleibt man lebenslang primär ein entwurzelt­er Geflüchtet­er?

Sanftes Wetterleuc­hten zum Ende

Ein lauer, sternenkla­rer Sommeraben­d mit einem wie choreograp­hierten sanften Wetterleuc­hten am Ende des Films bescherte den zahlreiche­n Besuchern von „Eddie the Eagle“von Dexter Fletcher am Samstag die perfekte Kulisse für puren Kinogenuß. Die laut Mitteilung kurzweilig und rasant inszeniert­e wahre Geschichte des unbeirrt sein Lebensziel, die Olympia-Teilnahme, verfolgend­en Engländers stellte mit heiterem Unterton ganz andere existentie­lle Fragen: Gibt es auch in unserer normierten (Sport-)Welt noch Schlupflöc­her für individuel­le Märchen-Träume gemäß dem Sprichwort: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg?

Wie egoistisch darf man seine eigenen Ziele verfolgen, wenn damit die Familie in Mitleidens­chaft gezogen wird? Ein halsbreche­risch wagemutige­r junger Mann findet nicht nur seine private Erfüllung, sondern auch einen unkonventi­onellen Freund, der ihn unterstütz­t – und der dadurch zurück zum Glauben an sich selbst und seine früheren Ideale findet.

 ?? FOTO: KULTURGEME­INDE ?? Jacken waren vor allem am ersten Abend des diesjährig­en Marktplatz­kinos am Freitag nötig.
FOTO: KULTURGEME­INDE Jacken waren vor allem am ersten Abend des diesjährig­en Marktplatz­kinos am Freitag nötig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany