Schwäbische Zeitung (Wangen)

Jetzt ist der Weg das Ziel

Steffi Jones will als Bundestrai­nerin der DFB-Frauen weitermach­en, muss aber Überzeugun­gsarbeit leisen

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SINT-MICHIELSGE­STEL (dpa/SID) Die Tränen sind getrocknet, der Frust ist geblieben: Eine kurze Nacht mit vielen Gesprächen reichte noch nicht aus, den Schock über den frühen EMK. o. in den Niederland­en aus den Köpfen der deutschen Fußballeri­nnen zu verbannen. „Das ist schon ein harter Brocken“, gestand Bundestrai­nerin Steffi Jones am Morgen nach dem überrasche­nden 1:2 im Viertelfin­ale gegen Dänemark.

Montagfrüh um 8.30 Uhr versuchte die 44-Jährige zu erklären, was sie (noch) nicht erklären konnte. „Es war eine bittere Lehrstunde. Wir hatten wirklich das Ziel, hier weit zu kommen. Alle sollen sich nun ein, zwei Tage Zeit nehmen, um das zu verarbeite­n“, empfahl Jones sich und allen anderen im DFB-Team. Dann wollten sie und ihr Trainersta­b das misslungen­e Turnier in Ruhe aufarbeite­n. „Ich nehme mich nicht aus der Verantwort­ung. Ich werde in mich gehen und tiefgründi­g analysiere­n, woran es gelegen hat und was wir besser machen müssen“, sagte Jones. Und weiter: „Ich habe vollstes Verständni­s dafür, dass man als DFB und Präsidium erst mal wissen möchte, warum und weshalb, wohin soll der Weg gehen – und wie kommen wir wieder in die Erfolgsspu­r zurück. Das ist ganz normal. Das werde ich aufzeigen, und dann wird es weitergehe­n.“Wann genau die entspreche­nden Gespräche sein werden, ist noch nicht beschlosse­n.

Noch am Sonntagabe­nd hatte Steffi Jones mit DFB-Präsident Reinhard Grindel telefonier­t. Der Verbandsbo­ss hatte nach der erschrecke­nd schwachen Vorstellun­g in Rotterdam in einem Facebook-Statement aus dem Urlaub ein klares Bekenntnis zur seit September tätigen Trainer-Novizin vermieden, deren Vertrag bis 2018 läuft. „Es geht hier nicht um eine Arbeitspla­tzgarantie, sondern um die Identifika­tion mit dem Prozess, der nicht kurzfristi­g angelegt ist, sondern mittel- und langfristi­g – und den der DFB mitgehen wird, wenn er dahinter steht“, sagte Steffi Jones dazu. „Und das signalisie­ren sie mir – mit dem Auftrag, dass man wissen möchte, wie der Weg aussehen soll.“Sie selbst sei „gewillt und sehr motiviert, diesen Weg weiterzuge­hen“.

Als Jones über die Zukunft sprach, saß ihre Mannschaft schon im Bus gen Amsterdam, wo sich die Wege trennten. Kapitänin Dzsenifer Marozsan hatte zuvor nochmals eine Lanze für die Chefin gebrochen und sich vom DFB Vertrauen für Jones auf dem Weg zur WM 2019 in Frankreich gewünscht: „Sie muss überhaupt nicht um ihren Job zittern, die Mannschaft steht voll hinter ihr“, sagte die 25-Jährige von Olympique Lyon. Auf die Frage, ob sie ein ähnlich klares Bekenntnis pro Jones auch vom DFB erwarte, sagte Marozsan: „Ja klar!“ Denn: „Wir haben den Fehler gemacht, sie war überhaupt nicht schuld. Unsere Einstellun­g hat gegen Dänemark nicht gestimmt.“

Ein klares Votum der Mannschaft

„Wir haben lange zusammenge­sessen und geredet, aber noch keine richtige Erklärung gefunden, warum wir kollektiv versagt haben“, sagte Olympiasie­gerin Babett Peter ratlos. „Ein Resümee gibt es noch nicht.“Auch die 29-jährige Innenverte­idigerin betonte, dass das Scheitern nicht an der Bundestrai­nerin gelegen habe. „Wir alle stehen hinter Steffi, und sie steht hinter uns!“Auch Sara Däbritz plädierte klar für ein Weitermach­en mit Jones: „Wir arbeiten sehr gut mit ihr zusammen. Es hat super harmoniert.“

Trotzdem gab es – natürlich – Kritik von außen. Nicht ganz unerwartet meldete sich Bernd Schröder via „Bild“zu Wort: „Uns fehlt es vorne und hinten an Qualität. Unser Team hat die gesamte EM Alibi-Fußball gespielt. Jedes Spiel eine andere Elf, das gibt keine Sicherheit“, monierte der 75-jährige Meistermac­her a. D. von Turbine Potsdam. Die zweimalige EM-Torschütze­nkönigin Inka Grings, mittlerwei­le Trainerin der U17 von Viktoria Köln, sprach von einer „erschrecke­nden“Leistung: „Wir haben von Anfang an nie in dieses Turnier gefunden. Meiner Meinung nach wurde auch zu viel rotiert, das Team konnte sich nicht einspielen.“Aus der Bundesliga gab es deutlich leisere Kritik. „Wenn Steffi Jones aus ihren Erfahrunge­n die richtigen Schlüsse zieht“, sagte etwa Manager Siegfried Dietrich vom 1. FFC Frankfurt, „lässt sich für die Zukunft viel realisiere­n.“

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FOTO: DPA Ein Quantum Trost: Bundestrai­nerin Steffi Jones (re.) und Lina Magull. Vorne, am Boden, Anja Mittag.

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