Setchell rundet Sommerkonzerte ab
Neuseeländischer Organist spielt ein leichtfüßiges und elegantes Konzert
WANGEN - Der neuseeländische Organist Martin Setchell hat sich in Wangen nach eigenem Bekunden sofort heimisch gefühlt. Vielleicht, weil der Namenspatron der Martinskirche auch sein eigener ist oder weil er zu Hause in Christchurch ebenfalls an einer Rieger-Orgel spielen kann. Jedenfalls rundete er die internationalen Sommerkonzerte am Mittwochabend in Wangen mit Stücken ab, die gut ins Ohr gingen und viel Freude machten.
Präludium und Fuge von Camille Saint-Saens (1835 bis 1921) begann mit von oben gebrochenen Akkorden über einer stringenten Basslinie. Die Fuge lag trotz ihrer formalen Strenge angenehm im Ohr, war nach allen Regeln der Kunst durchgeführt und dennoch angenehm registriert. Das „Stücke Nr. 4 in kanonischer Form“von Robert Schuhmann (1810 bis 1856) war ein inniges Klanggebilde, bei dem sich zwei Melodiestimmen mit Echowirkungen sanft umschmeichelten.
Harmonien streben nach oben
Virtuos-flirrende Akkordbrechungen beherrschten das Scherzo in gMoll von Marco Enrico Bossi (18611925). Über weite Strecken einstimmig geführt, nahm es bisweilen einen unsteten, launischen Charakter an, während die Harmonien unablässig nach oben strebten. „El dia de fiesta“ von Noel Goemanne (1926 bis 2010) hatte einen unverkennbar irisch-keltischen Einschlag mit seiner hypnotisch und metrisch vielfältig gestalteten Melodie; ein handfestes Stück Musik, wuchtig und tänzerisch bis zum grandiosen Bass-Solo, das den Organistenfüßen einiges abverlangte.
Die „Aria Nr. 5“aus „Bachianas Brasileiras“von Hector Villa-Lobos (1887 bis 1959) besaß in Form und Melodiegebung etwas unverkennbar Barockes. Ruhe und Bewegung befanden sich in der weitgeschwungenen Melodie in perfekter Balance. Ein ausdrucksstarker Mittelteil mit sich überlappenden Harmonien vervollständigte das Werk. Auch hier war die Klangauswahl von Martin Setchell sehr sanft und in sich ausgewogen.
Ein Höhepunkt des Konzerts stammte aus der Feder von HansAbdré Stamm (geboren 1958). In der „Rapsodia alla latina“konnte man die Rieger-Orgel gut gelaunt, regelrecht übermütig erleben. Habanera-, Tangound Paso-Doble-Elemente ergaben eine mitreißende Mischung, stolz, energiegeladen, manchmal ganz unbeschwert, manchmal melancholisch, sehr facettenreich und in einem tänzerischen Duktus, der in die Beine ging.
Mondlicht verwandelt sich in Töne
Die „Gigue de Pan“von Douglas Mewes (1918 bis 1993) trillerte dagegen in den höchsten Tonlagen. Der bocksbeinige Pan hüpfte unberechenbar durchs Kirchenschiff, ein Lausbub, der zu allerlei musikalischem Unsinn und Faxen aufgelegt war. „Clair de Lune“von Louis Vierne (1870 bis 1937) war nicht weniger treffend und stimmungsvoll. Hier verwandelte sich das Mondlicht in Töne. Traumhafte, magische Stimmung breitete sich aus, die intensiv glühte, wenn sich der Satz allmählich auffächerte. In seinem unablässigen Strömen in Zusammenwirken von Melodie und Begleitung schien das Stück ohne Ende und ohne Anfang.
Die überschwängliche Klangpracht des „Toccata in A“von Bonaventura Somma (1893 bis 1960) beendete das Konzert. Genial ineinander verschränkte Akkorde und Akkordbrechungen entwickelten eine glitzernde Pracht, aber unter den Händen von Marin Setchell verlor das Stück nie seine Leichtfüßigkeit. Eine Zugabe erklatschten sich die Zuhörer bei diesem Konzert, das eben dieses Prädikat besonders verdient: leichtfüßig. Und elegant.