Von Kälberfütterung bis Milchverkostung
Jugendliche besuchen am Landwirtschaftlichen Zentrum Aulendorf einen Ferienmelkkurs
AULENDORF - Dass Kühe nicht lila sind und Milch auch nicht aus dem Tetrapack kommt, das wissen die Teilnehmer des Ferienmelkkurses am Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf (LAZBW) schon seit ihrer Kindheit. Schließlich sind fast alle auf einem Bauernhof groß geworden oder haben über Freunde direkten Bezug zur Landwirtschaft. Derzeit opfern 14 Jugendliche aus ganz Süddeutschland viereinhalb Tage ihrer Sommerferien, um auf dem Atzenberg Melken und mehr zu lernen.
Es ist kurz nach 14 Uhr: Zehn Jungs und vier Mädels im Alter von 14 bis 18 Jahren sitzen in einem kühlen, abgedunkelten Unterrichtsraum. Alle sind seit sechs Uhr auf den Beinen, freiwillig, wie sie energisch betonen. „Die Nummer fünf war echt eklig“, berichtet Florian Schraff vom soeben beendeten Milch-Quiz, bei dem die Kursteilnehmer im Blindtest fünf Milchsorten erraten sollten. „Das war Schafsmilch“, erklärt Caroline van Ackeren, die am LAZBW verantwortlich ist für den Bereich Ausbildung und Kälberaufzucht. Als Entschädigung gibt es süßen Joghurt mit Aprikosen.
Frischkäse hergestellt
Im Anschluss an die Milchverkostung bereitet Heimleiter Andreas Schulte mit den Teilnehmern Frischkäse auf Joghurtbasis zu: Joghurt, gesalzene Sahne, Kräuter, Gewürze und eine Babywindel, mehr Zutaten braucht es nicht. Sara Rüd assistiert und wird von den Jungs beim Rühren mit dem Schneebesen angefeuert: „Auf geht’s, lass’ krachen!“– großes Gelächter, die Truppe kommt sichtlich gut miteinander aus.
Nach der Kaffeepause geht es raus aufs Gelände. Mittlerweile zeigt das Thermometer knapp 30 Grad – die Jugendlichen stecken nun in Arbeitskleidung: grünen Latzhosen und Gummistiefeln, Käppis und Kopftücher. Schon nach kurzer Zeit schwimmen die Füße in den Gummistiefeln und die Gerüche vervielfältigen sich in der Hitze. Dennoch herrscht überall gute Laune –auch bei Azubi Simon Wirth aus Rohrbach bei Bad Wurzach, der eine duale Ausbildung absolviert und gerade das zweite Lehrjahr begonnen hat. Er beaufsichtigt die Kühe, die vom Stall Richtung Melkstand unterwegs sind und im Wellnessbereich Station machen.
Van Ackeren erklärt, dass die Hitze auch den Kühen Stress bereitet und sie die Abkühlung per Wasserdusche und Ventilatoren im Wartebereich sehr genießen. Und tatsächlich, bei genauer Beobachtung kann man erkennen, dass sich die Tiere gezielt unter den Sprühnebel stellen und ruhiger werden. Dass die Kursteilnehmer die Signale, die die Tiere aussenden, erkennen lernen, ist van Ackeren sehr wichtig. „Respekt vor den Tieren und das Aufbauen von Vertrauen ist ein ganz wichtiger Bestandteil bei der Kälberaufzucht und der gesamten Viehhaltung“, sagt sie und wird dabei von einer Kuh, die ihre Streicheleinheiten einfordert, kräftig angestupst.
Im Melkstand werden die Kühe bereits von Melkexperte Matthias Harsch und Mitarbeiter Harald Schmiedl erwartet. Harsch erklärt den Jugendlichen geduldig noch einmal alle Arbeitsschritte vom Säubern des Euters über das Vormelken, den Milchzelltest, dem Ansetzen des Melkzeugs bis hin zur Tastuntersuchung, ob das Euter auch richtig leer ist. Und wenn es Schwierigkeiten gibt, ist er stets zur Stelle, um zu helfen. Der 16-jährige Marcel Rauß aus Gutenzell bei Biberach gesteht: „Beim Vormelken tue ich mir noch etwas schwer, das habe ich hier zum ersten Mal gemacht.“Marcel lernt Industriemechaniker und ist einer der Teilnehmer, die nicht von einem Hof kommen. Da er in seiner Freizeit gerne auf einem landwirtschaftlichen Anwesen mithilft, wollte er nach dem Traktorführerschein auch im Tierbereich etwas dazulernen. „Die Arbeit auf dem Hof macht mir total Spaß und der Kurs hier auch“, bestätigt er hochmotiviert. Julian Bertel aus Horgenzell dagegen ist auf einem Bauernhof aufgewachsen. Der 14-Jährige möchte alles, was er hier gesehen und gelernt hat, dem Vater berichten und „vielleicht lässt sich ja ein Teil davon auch bei uns auf dem Hof umsetzen“, hofft er.
Nuckelflasche für die Kälber
Zu den schönsten Arbeiten gehört für alle Kursteilnehmer die Kälberfütterung. In der Babygruppe steht Libelle, ein wunderschönes Braunviehkälbchen, gerade mal 24 Stunden auf der Welt. Es sieht aus wie ein kleines Eselchen. Die Teilnehmerinnen Sara Rüd und Rebekka Kuhn haben alle Hände voll zu tun, um das lebhafte Tier zum Nuckeln zu bringen. Van Ackeren erklärt den Mädels, auf was sie achten müssen, damit es klappt. Danach geht es mit dem Milchshuttle, einem Tank zum mischen und transportieren von Kälbertränke, zu den größeren Kälbern in den Außenbereich, dem Kälberkindergarten.
Zum Abschluss des Arbeitstages freuen sich auch die Kursteilnehmer auf ein leckeres Abendessen. „Heute gibt’s Pizzabrötchen“, verkündet Ausbildungsleiterin van Ackeren und erntet wohlwollende Zustimmung.