Schwäbische Zeitung (Wangen)

Frustriert­e

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Die Schweizer Diplomatin Carla Del Ponte zieht sich aus der UN-Untersuchu­ngskommiss­ion für Syrien zurück. Das Gremium zur Aufklärung von Verbrechen im syrischen Bürgerkrie­g habe „rein gar nichts“erreicht, sie wolle keine „Alibi-Ermittleri­n ohne politische Unterstütz­ung“sein, begründete die 70-Jährige ihren Schritt in der Schweizer Zeitung „Blick“. Solange der UN-Sicherheit­srat kein Sondertrib­unal für die Kriegsverb­rechen in Syrien einrichte, seien Berichte sinnlos. „Seit fünf Jahren rennen wir Mauern ein.“Der UN-Menschenre­chtsrat hatte die Sonderkomm­ission 2011 ins Leben gerufen, Del Ponte gehört dem Gremium seit 2012 an. Sie sei „frustriert“. Der Sicherheit­srat wolle „keine Gerechtigk­eit“, sagte die Juristin. China und Russland blockierte­n alles. Im September werde sie zum letzten Mal an einer Sitzung der Kommission teilnehmen. Zu Anfang habe es in Syrien „die Guten und die Bösen“gegeben – die Regierung als Böse und ihre Gegner als Gute. Mittlerwei­le seien in Syrien alle böse, sagte Del Ponte. Die Opposition bestehe nur noch aus „Extremiste­n und Terroriste­n“.

Del Ponte war von 1999 bis 2007 Chefankläg­erin des Internatio­nalen Strafgeric­htshofs in Den Haag für die Kriegsverb­rechen in Ex-Jugoslawie­n sowie für den Völkermord in Ruanda, davor war sie von 1994 bis 1998 Bundesanwä­ltin der Schweiz. Sie ermittelte gegen Geldwäsche und Korruption im Umfeld des ehemaligen russischen Präsidente­n Boris Jelzin.

Die syrische Regierung des Präsidente­n Baschar al-Assad verübe „schrecklic­he Verbrechen gegen die Menschlich­keit“und setze Chemiewaff­en ein, klagt Del Ponte an. Die in Syrien verübten Verbrechen nannte Del Ponte schlimmer als diejenigen in Ruanda oder in Ex-Jugoslawie­n. Laut Del Ponte ist Syrien ein Land ohne Zukunft. „Sie zerstören alles, was irgendwie menschlich ist. Wir dachten, dass die internatio­nale Gemeinscha­ft etwas gelernt hat in Ruanda. Aber nein, nichts haben sie gelernt!“(AFP/epd)

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FOTO: DPA Carla Del Ponte tritt aus der Untersuchu­ngskommiss­ion der Vereinten Nationen für Syrien zurück.

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