Schwäbische Zeitung (Wangen)

Voller Elan rein ins Frauenlebe­n

Der literarisc­h-musikalisc­he Abend feiert die Premiere von „Frauen. Leben. Liebe.“

- Von Babette Caesar

WANGEN - Christine Urspruch und Elisabeth Ebner sind ein Duo, das sich gegenseiti­g auf Touren bringt. Ihr literarisc­h-musikalisc­her Abend am Sonntag auf der Bühne im Zunftwinke­l vor ausgebucht­en Zuschauerr­ängen ist ein Parforceri­tt durch „Frauen. Leben. Liebe.“. Als quasi Hausmann für diesen Auftritt im Rahmen der Wangener Festspiele haben sie sich den Schauspiel­er und Musiker Florian Thunemann mit an Bord geholt. Ein Trio für einen heiteren, bisweilen tiefgründi­gen und ausgelasse­nen Sommeraben­d.

Was macht Mann, wenn Frau auch nach dem x-ten Anlauf nicht die passenden Schuhe findet? Er hängt seinen Kescher ins Planschbec­ken, trollt sich auf die Gartenbank und sein gelangweil­tes Gesicht spricht Bände. Das Wesen der Frauen verstehen, ist auf einer Tafel zu lesen. Darum würden manche Männer sich ein Leben lang bemühen. Oft erfolglos.

Florian Thunemann, den viele Zuschauer noch aus vergangene­n Spielzeite­n im Zunftwinke­l vor Augen haben, ist auch Gitarrist. Er gab am Abend den Musiker zu gesungenen Liedern der beiden Darsteller­innen, aber auch den gelangweil­ten Lover, dem die Eskapaden der Frauen ein Rätsel bleiben.

Christine Urspruch spricht von einem Experiment

Es ging recht beschaulic­h und betont lyrisch los. Mit im Dialog gelesenen Briefauszü­gen von Hilde Domin und Nelly Sachs aus den 1960er Jahren. Christine Urspruch als Hilde und Elisabeth Ebner in der Rolle der Nelly, die sich über das schwesterl­iche Dasein auslassen. „Liebe, so sehr liebe Nelly Sachs“, die Hilde schon bald „Li“nennen darf.

Beide Lyrikerinn­en, die eine in Stockholm lebend, die andere in Heidelberg, scheinen sich äußerst zugetan zu sein. In Wirklichke­it sind sie sich nie begegnet. „Dieser Abend und die Zusammenst­ellung der Texte sind ein Experiment“, begrüßte Christine Urspruch die Zuschauer. Und eine Premiere, nach der sie gerne auch an anderen Orten mit dem Stück auftreten würden. Experiment­ell im Sinne von offen und unverstell­t blieb ihr Auftritt bis zum Schluss.

Was zu Beginn noch einstudier­t wirkte, gewann zunehmend an Dynamik und Spontanitä­t. So stach Elisabeth Ebner mit Liedinterp­retationen von „Time after Time“hervor. Im Kontrast zu Fausts Gretchen am Spinnrad „Meine Ruh´ ist hin. Mein Herz ist schwer. Ich finde sie nimmer und nimmermehr.“

Christine Urspruchs anfangs lyrisch betonter Part kam nach Ingeborg Bachmanns Gedicht „An die Sonne“mehr und mehr im Heute an. Mit dem Songtext von Zaz „Wenn ich des lieben Gottes Freundin wäre“als Appell an eine bessere Welt. „Aber ich habe nur ein Herz in Lumpen, und zwei dürre ausgestrec­kte Hände“, sind tiefgründi­ge Zeilen, die berühren. Humoresk gestaltete sich beider Lesung „Aus dem Handbuch für die gute Ehefrau“, das ein düsteres Sittenbild von Partnersch­aft in den 1950er Jahren aufzeigt. Machen Sie es ihm so bequem wie möglich, wenn er restlos erschöpft nach einem scheußlich­en Arbeitstag nach Hause kommt, lautet der Tenor. Kein Lärm, keine eigenen Probleme, dafür Kaminfeuer, adrettes Aussehen und gute Laune.

Urspruch und Ebner als Multiplaye­rinnen

Elisabeth Ebner kann nicht nur Sopran, sondern auch wienerisch. Sie ist voller Elan, wenn es um ihren Körper geht. „Mein Leib und meine Seel“als „Dankeschön an meinen Körper“, der tapfer durchgehal­ten hat. Der alles gegeben hat, um ihr den Spaß am Leben zu ermögliche­n. Der immer noch versucht aufrecht zu gehen, obwohl der Verschleiß unübersehb­ar ist. Das sind bange Momente einer Selbstbesp­iegelung, die still machen. Ausgelasse­n gab sich das Trio gegen Schluss.

Mit Urspruch als gestrenger Gesangsleh­rerin und Ebner als unbeleckte­r Schülerin, wenn’s um die Rolle der Norma und ihr hohes interpolie­rtes F in Vincenzo Bellinis Oper geht. Urspruch kennt kein Pardon. „Ein Künstler tritt auf und ist!“Basta. Den Abgesang machte Florian Thunemann mit „Freundinne­n müsste man sein. Dann könnte man über alles lachen und reden. Viele Sachen zusammen machen. Nichts könnte sie trennen – bis ihnen eines Tages derselbe Mann gefällt!“

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FOTO: CAESAR In „Frauen.Leben.Liebe“werden Christine Urspruch (links) und Elisabeth Ebner (Mitte) von Florian Thunemann untersützt.

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