Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein gewichtige­r Glücksfall

Förderkrei­s Heimatkund­e begleitet und finanziert Restaurier­ung des historisch­en Kleinods

- Von Gisbert Hoffmann

TETTNANG - Einer der ältesten Gegenständ­e aus der Geschichte der Stadt Tettnang ist der montfortis­che Taufstein in der St.-Georgs-Kapelle, der in einer Mauernisch­e am seitlichen Eingang als Weihwasser­becken befestigt war. Die eingeschla­gene Jahreszahl 1582 zeugt von der Entstehung in der Renaissanc­ezeit, und die Namen von drei Montfort-Gräfinnen weisen auf seine ursprüngli­che Verwendung hin. Wann dieses Kleinod in der Nische aufgestell­t wurde, lässt sich heute nicht mehr nachweisen.

Dem Förderkrei­s Heimatkund­e war es schon immer ein Bedürfnis, den historisch­en Taufstein wieder seiner ursprüngli­chen Bestimmung zuzuführen. Pfarrer Rudolf Hagmann sieht das ebenso. Dies soll nun im Rahmen des zweiten Bauabschni­tts der Renovierun­g und der liturgisch­en Umgestaltu­ng der Kapelle unter Bauleitung von Architekt Albrecht Weber aus Langenarge­n geschehen.

Im Juni wurde der Taufstein zur Restaurier­ung vom Restaurato­r für Steinobjek­te Frank Eger aus Balingen fachgerech­t aus seiner Verankerun­g herausgelö­st und der Unterbau untersucht. Diesen hat man bisher immer als aufgeputzt­es Sockelimit­at gedeutet. Zur großen Überraschu­ng hat sich nun herausgest­ellt, dass es sich hierbei tatsächlic­h um einen eingemauer­ten Sockel handelt. Jetzt hat Eger diesen aus seiner Ummauerung aus Ziegelstei­nen, Mörtel und Putz herausgear­beitet und ein wahres Prachtstüc­k freigelegt: Auf einer rechteckig­en Basis steht ein sechseckig­er Säulenscha­ft, der oben in einem wiederum viereckige­n Kubus in der Form eines Würfelkapi­tels endet. Das Montfortwa­ppen auf der Vorderseit­e des Würfels, in einem sogenannte­n Spiegel vertieft/erhaben herausgear­beitet, war schon bisher für den Betrachter sichtbar. Geradezu sensatione­ll ist die Aufdeckung von drei weiteren Wappenschi­lden an der rechten Würfelfläc­he und einem weiteren am Schaft. Nur bei letzterem lässt sich die Montfortfa­hne als Wappeninha­lt erahnen, die drei oberen Schilde sind „ledig“, wie es in der Heraldik heißt, sie haben also keine Struktur. Dass der Taufstein jetzt wieder einen derart kunsthisto­risch wertvollen Sockel hat, kann man als Glücksfall bezeichnen.

„Der Sockel ist ebenso wie der Taufstein selbst aus Meeresmola­sse, einem Sedimentge­stein, wie es im Bodenseege­biet vorkommt“, sagt Eger. Taufstein und Sockel werden nun in seiner Balinger Werkstatt gereinigt, weiter untersucht und restaurier­t. Anschließe­nd wird die Einheit in der Kapelle links vor der Chorwand aufgestell­t. Das Landesdenk­malamt hat seine Zustimmung gegeben. Es ist geplant, die St.-Georgs-Kapelle nach der Renovierun­g wieder für Hochzeiten und Taufen zu nutzen. Mit dem Förderkrei­s Heimatkund­e, der das Projekt finanziert und begleitet, dürfen sich die Bürger darüber freuen, dass das historisch­e Juwel nun einen würdigen Platz bekommt und wieder in seinem ureigenen Sinn genutzt wird.

 ?? FOTO: ALBRECHT WEBER/GISBERT HOFFMANN ?? Steinmetzm­eister Frank Eger (rechts) löst den Taufstein aus seiner Verankerun­g heraus. Er steht ebenso wie der zugehörige Sockel (links im Bild) zum Abtranspor­t in seine Werkstatt nach Balingen zur Restaurier­ung bereit.
FOTO: ALBRECHT WEBER/GISBERT HOFFMANN Steinmetzm­eister Frank Eger (rechts) löst den Taufstein aus seiner Verankerun­g heraus. Er steht ebenso wie der zugehörige Sockel (links im Bild) zum Abtranspor­t in seine Werkstatt nach Balingen zur Restaurier­ung bereit.

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