Betrüger wollen Firma zweimal abzocken
Gut 17 000 Euro sollten von Lindau aus nach Spanien überwiesen werden – Kripo ermittelt
LINDAU-OBERREITNAU - Der Anruf von der Bodenseebank ist für Monika Jäger ein Schock: Jemand hatte versucht, vom Konto ihres Familienbetriebs mehr als 9000 Euro auf ein spanisches Konto zu überweisen. Sofort benachrichtigt sie ihre anderen Banken, mahnt die Mitarbeiter dort zur Vorsicht. Und ihre Intuition ist richtig: Denn nur zwei Tage später versuchen die Betrüger ihr Glück erneut. Von einem anderen Firmenkonto sollen 8000 Euro überwiesen werden. Monika Jäger ist kein Einzelfall: Der sogenannte Überweisungstrick ist der Lindauer Kriminalpolizei bestens bekannt. Zurzeit bearbeiten die Beamten wieder mehrere Fälle.
Neben Monika Jäger, die mit ihrem Mann Thomas Reischmann in Oberreitnau eine Firma für Kälte- und Klimatechnik betreibt, hat es laut Polizeisprecher Christian Eckel kürzlich einen Lindauer Verein getroffen. Der Trick funktioniert immer ähnlich: Zunächst einmal brauchen die Betrüger die Kontodaten von denjenigen, die sie abzocken wollen. „Den Tätern wird dabei oft leichtes Spiel gemacht“, sagt Eckel. Denn viele würden zum Beispiel einfach Rechnungen oder falsch ausgefüllte Überweisungsträger ins Altpapier werfen. „Es gibt Banden, die sich regelrecht auf das Durchsuchen von Papiermüll spezialisiert haben.“Dort finde sich dann oft auch irgendein Schriftstück mit Unterschrift – und die Betrüger haben alles, was sie brauchen. „Es gab auch schon Fälle, da wurden die Überweisungsscheine aus den Postfächern der Bank herausgefischt“, so Eckel.
Bankangestellte handelt vorbildlich
Im Fall von Monika Jäger haben die Betrüger den Überweisungsschein mit der Schreibmaschine ausgefüllt. 9000 Euro sollten auf ein Konto einer spanischen Bank überwiesen werden. Lediglich die gefälschte Unterschrift ihres Mannes war von Hand geschrieben. „Klar, unsere Kontodaten findet man auf jeder Rechnung“, sagt sie. Wie die Betrüger an die Unterschrift ihres Mannes gekommen sind, kann sie sich allerdings nicht erklären. Den Überweisungsschein haben die Betrüger dann einfach ins Postfach der Banken geworfen.
Monika Jäger hatte Glück: Denn eine Angestellte der Oberreitnauer Bodenseebank schaltet sofort. „Ihr kam das alles komisch vor“, erzählt Jäger. Die Bankangestellte habe sofort überprüft, ob die Oberreitnauer Firma schon öfter hohe Summen nach Spanien überwiesen hat. Als ihr klar wurde, dass das eigentlich nie der Fall ist, hat sie sich bei Monika Jäger gemeldet. „Ich war denkbar schockiert“, erinnert sich Jäger.
Immer wieder landen bei der Bodenseebank gefälschte Überweisungsformulare, erzählt Elisabeth Kling, Vertriebsleiterin in Lindau. Tatsächlich überwiesen worden sei allerdings noch nie etwas. „Wir haben gewisse Prüfmechanismen und bei Auffälligkeiten rufen wir unsere Kunden an“, sagt sie. Der Postkasten für Überweisungsformulare habe außerdem eine Sicherung, damit Überweisungsformulare dort nicht herausgefischt werden könnten.
Auch bei der Kreissparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim hat es solche Betrugsversuche laut Pressesprecher Andreas Radmüller schon gegeben. Ebenso, wie bei der Volksbank Allgäu-Oberschwaben. „Überweisungen in Papierform nehmen wir nur noch persönlich an“, erklärt Marktassistentin Laura Hauert.
Für ihre Firma führen Monika Jäger und ihr Mann noch bei zwei weiteren Banken Konten. „Ich habe gleich angerufen und gesagt, dass sie vorsichtig sein sollen“, erzählt Jäger. Und genau das hat sie davor bewahrt, dass am Ende doch noch Geld nach Spanien fließt. Denn nur zwei Tage später schlagen die Betrüger wieder zu und werfen einen Überweisungsschein bei der Volksbank Friedrichshafen-Tettnang ein. 8000 Euro sollen dieses Mal nach Spanien gehen. „Der Empfänger war derselbe wie beim ersten Mal“, erzählt Jäger, die mittlerweile Kopien der beiden Überweisungsscheine besitzt.
Allerdings hatten die Betrüger dieses Mal vergessen, die Iban der Oberreitnauer Firma einzutragen. Die Bankangestellte ist gewarnt, auch sie meldet sich bei Monika Jäger und ihrem Mann – der zweite Betrug kann ebenfalls vereitelt werden. Und auch dort ist es nicht der erste Fall eines versuchten Überweisungsbetrugs. „Bei der Volksbank FriedrichshafenTettnang eG sind in den letzten Monaten vereinzelt Betrugsversuche mit ausgefüllten Überweisungsträgern von fremdem Personen erfolgt“, schreibt Barbara Ehrle auf Anfrage der LZ. Allerdings seien alle Versuche durch aufmerksame Mitarbeiter und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen rechtzeitig erkannt worden.
Aufklärungsquote der Betrugsfälle ist gering
Die Geschichte geht Monika Jäger nach. „17 000 Euro. Da muss ich lange für arbeiten“, sagt sie nachdenklich. Die Lindauer Kripo ermittelt nun in dem Fall. „Aber die Aufklärungsquote bei solchen Delikten ist sehr gering“, sagt Eckel. Schließlich sei zwar das Konto, auf das das Geld überwiesen werden sollte, bei einer spanischen Bank. „Aber die, die es abheben, können auch ganz woanders leben.“
Monika Jäger hat ihre eigenen Konsequenzen aus der ganzen Sache gezogen. „Ich habe bei all unseren Banken sperren lassen, dass man in Papierform über den Briefkasten überweisen kann.“