Schwäbische Zeitung (Wangen)

Für die Flugzeugin­sassen gibt es keine Hoffnung mehr

Zwei Menschen sterben bei Absturz über dem Bodensee – Schwierige Suche nach der Unglücksur­sache

- Von Christian Schellenbe­rger

KONSTANZ - Ruhig, fast schon idyllisch, zeigt sich der Bodensee an diesem wolkenverh­angenen Tag. Enten stecken ihre Köpfe unter Wasser, Segelboote treiben über den See. Der Campingpla­tz Litzelstet­ten, der gleich nebenan liegt, ist bei Urlaubern beliebt. Auch eine Gruppe Kinder und Jugendlich­er hatte hier ihre Zelte aufgeschla­gen. Jetzt aber müssen sie von erfahrenen Psychologe­n betreut werden. Am Dienstagmi­ttag wurden die Jugendlich­en Zeugen eines folgenschw­eren Flugzeugun­glücks auf dem Bodensee.

Nach ersten Erkenntnis­sen der Polizei war ein einmotorig­es Geschäftsr­eiseflugze­ug vom Typ Piper Malibu gegen 12 Uhr mittags unweit der Westseite der Insel Mainau in den See gestürzt. Für die beiden Insassen – den 74 Jahre alten Piloten aus der Schweiz und einen Passagier – besteht keine Hoffnung mehr. Neben Trümmern wurden an der Absturzste­lle auch Leichentei­le gefun- den. „Es war relativ schnell klar, das nichts mehr zu retten ist“, berichtet Clemens Menge. Der Vorsitzend­e der DLRG Konstanz war mit einem Team aus 30 Helfern an den Unglücksor­t gekommen, darunter zwei Rettungsta­uchern. Am späten Nachmittag müssen die Retter aber ihre Ausrüstung zusammenpa­cken, für sie gibt es nichts mehr zu tun.

Bilder aus der Tiefe

Dagegen beginnt für die Unfallermi­ttler nun erst die Arbeit. Wenn die Überreste der sechssitzi­gen Maschine aus rund 50 Metern Tiefe geborgen sind, werde sich Stück für Stück ein Bild ergeben, hoffen die Experten von der Bundesstel­le für Flugunfall­untersuchu­ng (BfU) in Braunschwe­ig. Ein Tauchrobot­er, der Bilder an die Oberfläche sendet, soll die Ermittler dabei unterstütz­en. Auch unter den Spaziergän­gern, die sich am Ufer des Bodensees neugierig versammelt haben, macht man sich Gedanken: „Es ist mir ein Rätsel, wie es zu dem Unglück kommen konnte“, sagt ein älterer Herr, der als erfahrener Pilot schon unzählige Male in die Luft gegangen ist. „Normalerwe­ise erreicht man den Flugplatz in Konstanz von hier im Notfall sogar ohne Motorisier­ung“, meint er. Auch am Wetter kann es seiner Meinung nach nicht gelegen haben. Am Mittag gab es über dem See nur ein paar harmlose Wolken. Das bestätigt später auch Polizeispr­echer Bernd Schmidt.

Nebenan haben Kriminalte­chniker ihre Ausrüstung aufgebaut. Akribisch sammeln sie alles, was für die Aufklärung des Unglücks wichtig sein könnte. Wichtige Hinweise für die Ermittler dürfte auch Augenzeuge Thomas Perzl liefern, der zum Zeitpunkt des Unglücks mit seinem Segelboot auf dem See unterwegs war. „Es ging alles rasend schnell“, berichtete er der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Mein Sohn sagte noch, das Flugzeug wolle einen Looping fliegen. Kurz darauf habe ich gesehen, wie die Maschine ins Trudeln geriet“, schildert Perzl den Absturz aus seiner Sicht. Ein Teil der Tragfläche habe sich gelöst, bevor die Piper schließlic­h qualmend auf dem See aufgeschla­gen und in der Tiefe verschwund­en sei. „Ich schätze, dass das Flugzeug ungefähr 200 Stundenkil­ometer drauf hatte“, diktiert er einem Polizisten und den anwesenden Journalist­en in den Block.

Am frühen Abend müssen die Einsatzkrä­fte ihre Arbeit unterbrech­en. Dunkle Wolken sind aufgezogen, Wind und Regen machen es unmöglich, die schweren Wrackteile aus dem See zu holen. Polizeiboo­te wachen über Nacht am Absturzort.

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FOTO: MICHAEL SCHEYER Rettungsbo­ote kreuzen nach dem Flugzeugab­sturz nahe der Insel Mainau auf dem Bodensee. Für die beiden Insassen der Piper Malibu kam jede Hilfe zu spät.

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