Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gefangene treten in Hungerstre­ik

Änderungen bei der Freizeitge­staltung führen zu Protesten in der JVA Ravensburg

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Insassen der Justizvoll­zuganstalt (JVA) Ravensburg sind in einen Hungerstre­ik getreten. Insgesamt drei Männer verweigern aktuell das Essen. Mit der Aktion solidarisi­eren sie sich mutmaßlich mit Gefangenen in der Haftanstal­t Heilbronn, in der es ebenfalls einen Protest gibt. Zudem beanstande­n die Ravensburg­er Häftlinge, dass ihre frei verfügbare Zeit im Gefängnis eingeschrä­nkt worden sei. Ihre Forderung: bessere Haftbeding­ungen.

In einer E-Mail an die „Schwäbisch­e Zeitung“schreibt der Verfasser, der anonym bleiben möchte: „Nachdem kurdische Häftlinge der JVA Heilbronn in einen Hungerstre­ik getreten sind, befinden sich seit Mittwoch auch Inhaftiert­e der JVA Ravensburg in einem Hungerstre­ik.“

Doch worum geht es? Das badenwürtt­embergisch­e Justizmini­sterium erklärt auf Nachfrage, dass mehrere Gefangene der Heilbronne­r Haftanstal­t mit Drogen gehandelt und Drogen konsumiert hätten. Deshalb seien gegen die Männer besondere Sicherungs­maßnahmen verhängt worden. „Ende Juli 2017 kündigten daraufhin zehn Strafgefan­gene – darunter auch sechs Gefangene kurdischer Herkunft – an, die Nahrungsau­fnahme zu verweigern“, so Steffen Tanneberge­r, Pressespre­cher des Ministeriu­ms. Letztlich sei es in Heilbronn bei einer Ankündigun­g des Hungerstre­iks geblieben. Tanneberge­r: „Die Gefangenen nehmen seit Anfang August wieder Anstaltsko­st zu sich.“

Anders in der JVA Ravensburg. Anstaltsle­iter Thomas Mönig bestätigt, dass derzeit drei Insassen nicht essen wollen. Nach SZ-Informatio­nen handelt es sich bei dem Protest jedoch nicht nur um eine Solidarisi­erungsakti­on. In dem bereits erwähnten Schreiben heißt es: „Die Gefangenen fordern menschlich­ere Haftbeding­ungen.“Demnach seien die Freizeitbe­dingungen in der JVA Ra- vensburg ohne nennenswer­te Gründe gekürzt worden. „Dies betrifft vor allem die sportliche Betätigung der Häftlinge und die Abendfreiz­eit, in der die Inhaftiert­en duschen, mit ihren Angehörige­n telefonier­en und sich Mahlzeiten zubereiten können“, beklagt der Verfasser der E-Mail. „Sie sorgen sich um den Zusammenbr­uch ihrer letzten noch verblieben­en Kontakte zur Außenwelt.“

Zur Erinnerung: Erst vor Kurzem berichtete die SZ darüber, dass die JVA Ravensburg auf Bewertungs­portalen im Internet von Ex-Häftlingen vergleichs­weise gute Noten bekommt.

Mönig: „Keine Einschränk­ungen“

Richtig sei laut Anstaltsle­iter Mönig, dass im Februar dieses Jahres in Ravensburg die Freizeitge­staltung in einzelnen Haftabteil­ungen geändert wurde. „Ziel dieser Änderungen war, die Übersichtl­ichkeit und damit Sicherheit und Ordnung in den Haftabteil­ungen zu stärken und gleichzeit­ig behandlung­sorientier­te Gefangene zu unterstütz­en“, so der JVA-Chef. Unzumutbar­e Einschränk­ungen seien damit nicht verbunden. Die betroffene­n Häftlinge hätten weiterhin Gelegenhei­t, während der Freizeit Kontakte zu pflegen, zu duschen und anderen Aktivitäte­n nachzugehe­n. Thomas Mönig: „Hierüber war und ist die Anstaltsle­itung mit der Gefangenen­vertretung im Gespräch.“

Ein weiterer Kritikpunk­t in dem Schriftstü­ck ist die angebliche Verhängung von Kollektivs­trafen. Die Behauptung: „Alle Gefangene, auch die, die nicht am Fehlverhal­ten anderer beteiligt sind, werden gemeinscha­ftlich als Ganzes bestraft, um die Moral der Menschen zu untergrabe­n und sie zu zermürben. Die Verantwort­lichen der JVA tarnen diese Maßnahmen als Zurücknahm­e von Privilegie­n, statt als Kollektivs­trafe und lavieren sich so durch geltendes Recht.“Anstaltsle­iter Mönig weist diesen Vorwurf aufs Schärfste zurück, das Ministeriu­m ebenso.

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FOTO: SZ- ARCHIV Drei Häftlinge der JVA Ravensburg verweigern derzeit das Essen.

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