Schwäbische Zeitung (Wangen)

Städte wollen Gespräche zur VHS-Fusion

Weingarten und Ravensburg möchten Thema prüfen – Ravensburg­er Verein: keine Notwendigk­eit

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Egal ob große oder kleine Posten: Die Stadt Weingarten versucht derzeit an allen Ecken und Enden zu sparen. Ein Bereich, der bislang – zumindest öffentlich – ausgeklamm­ert wurde, ist die Weingarten­er Volkshochs­chule (VHS). Doch bei jährlichen Zuschüssen von knapp 140 000 Euro aus dem städtische­n Haushalt kommt man daran eigentlich nicht vorbei. Gerade weil es in direkter Nachbarsch­aft in Ravensburg ebenfalls eine VHS gibt. Bei all den Doppelstru­kturen scheint eine Fusion beider Institutio­nen doch recht naheliegen­d. Daher hat es im vergangene­n Jahr Gespräche zwischen den Städten gegeben. „Im Rahmen des Leitungswe­chsels bei beiden VHS im Jahr 2016 wurde eine mögliche Fusion erwogen. Beide Städte sind damals jedoch zum Ergebnis gelangt, die Eigenständ­igkeit beider Volkshochs­chulen – auch mit Blick auf die unterschie­dlichen Organisati­onsstruktu­ren – zu bewahren. Ein wirtschaft­licher Vorteil konnte nicht festgestel­lt werden“, sagt Fachbereic­hsleiter Rainer Beck, zu dessen Bereich Gesellscha­ft, Bildung und Soziales auch die VHS gehört.

Man könnte sich Geld sparen

Doch das sieht man mittlerwei­le in der Nachbarsta­dt etwas anders. Es gäbe genügend Doppelstru­kturen in der Verwaltung, der EDV oder der Buchhaltun­g, durch deren Zusammenle­gung man sich Geld sparen könnte, meint Ravensburg­s Erster Bürgermeis­ter Simon Blümcke. „Es ist sonnenklar, dass man in der Verwaltung Dinge zweifach macht“, sagt er. „Betriebswi­rtschaftli­ch ist das nicht leugnenbar.“Daher meint auch Beck auf erneute Nachfrage: „Um konkrete Zahlen zu erhalten, müsste das erst noch belastbar geprüft werden.“Allerdings bräuchte es dafür die Bereitscha­ft des Vereins „Volkshochs­chule Ravensburg“, der für die VHS verantwort­lich ist.

Und diese scheint aktuell kaum vorhanden. „Nach fast 70 Jahren müsste das nicht der Verein beweisen. Jemand anderes müsste das beweisen“, sagt Berthold Traub, 1. Vorsitzend­er des Vereins. Er beruft sich auf die Gespräche zwischen den beiden Städten, zu denen der Verein nicht eingeladen worden sei, aber dass dabei ja keine finanziell­en Einsparmög­lichkeiten aufgezeigt worden wären. „Wir werden uns nicht erdreisten, klüger als die Stadt zu sein“, sagt Traub, der eine Fusion grundsätzl­ich ablehnt: „Eine Fusion ist für mich erst einmal gar nichts“, sagt er. Man arbeite ohnehin schon am „obersten Minimum“und könne weitaus besser besetzt sein. Wenn man fusioniere, mache man all die ehrenamtli­che Arbeit kaputt. „Ich wende mich gegen die Liquidatio­n des Vereins“, sagt Traub, der auf mehrfa- che Nachfrage doch eingesteht, dass Geld eingespart werden könnte – allerdings nur im Personalbe­reich. Und das würde aus seiner Sicht wieder auf Kosten des Services gehen. „Wenn wir den Service verschlech­tern, geht das an unsere Akzeptanz“, sagt er.

Das glaubt Simon Blümcke nicht. Auch will er keinen Standort schließen, sondern das Ganze einfach evaluieren. „Es ist nicht verboten, darüber nachzudenk­en“, sagt Blümcke. „Dann hätten wir eine Stimme, eine VHS.“Doch wenn es auf die Tagesordnu­ng des Vorstandes komme, dann sei es nicht gewollt, so Blümcke, der zwar beratendes Mitglied im Vereinsvor­stand ist, aber kein Stimmrecht hat. „Ich merke, der Vorstand möchte nicht über die Strukturen sprechen“, sagt Blümcke. „Da ist 0,0 Bereitscha­ft vom Verein, in die Gespräche einzusteig­en.“Doch auf Nachfrage der SZ hat Traub zumindest in Aussicht gestellt, dass man sich mit dem Thema „zwangsweis­e im Vorstand diskutiere­n“werde.

Doch warnt Blümcke vor Stillstand. Bis auf die Sprachkurs­e verzeichne die Ravensburg­er VHS in allen Bereichen Rückgänge, so der Bürgermeis­ter. Wenn perspektiv­isch diese Sprachkurs­e wieder zurückging­en, was zu erwarten sei, werde es noch schwierige­r. „Es ist sonnenklar, dass dieser Bereich wieder abschwelle­n wird“, sagt Blümcke, der betont, dass es sein vordringli­ches Ziel sei, „die VHS wieder auf einen stabilen Kurs zu bringen“. Auf diesem sieht sich Berthold Traub schon längst. Der Rückgang der Kurse entspreche den ganz normalen Schwankung­en. Das habe er in seinen knapp 35 Jahren bei der VHS in Ravensburg gelernt.

Angebote optimieren

Doch zeigt der Blick auf die Zahlen, wie abhängig der Verein von der Stadt ist. 180 000 Euro gibt es von Ravensburg im Jahr. Dazu kommen weitere Zuschüsse von Land (120 000 Euro) und dem Gemeindeve­rband Mittleres Schussenta­l, kurz GMS (144 000 Euro). Im Vergleich dazu steht Weingarten besser da. Die Stadt musste nur 140 000 Euro zuschießen. Dennoch sei Weingarten weiterhin offen für eine Fusion, allerdings vornehmlic­h wegen der inhaltlich­en Aufstellun­g. Eine fusioniert­e VHS könnte sich, so meint Beck, als großer Weiterbild­ungspartne­r noch besser in der Region verankern. „Die Stadt Weingarten ist offen für Gespräche zur Intensivie­rung der Kooperatio­n und steht auch weitergehe­nden Fusionsübe­rlegungen mit Vorteilen für beide Partner – sofern dies von den politische­n Gremien gewünscht wird – in einem partnersch­aftlich geführten Dialog ergebnisof­fen gegenüber“, sagt Beck. Besonders beim Optimieren von Angeboten und der damit verbundene­n besseren Auslastung könne es Vorteile geben.

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FOTO: DEREK SCHUH Die VHS Weingarten ( unten) und die VHS Ravensburg ( oben) wollen eventuell fusioniere­n.
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