Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tafelobst wird teurer

Erwartunge­n an Apfelernte in Friedrichs­hafen ernüchtern­d: Minus von 65 Prozent

- Von Alexander Mayer

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Erwartunge­n der rund 1000 Obstbauern an die Apfelernte 2017 sind ernüchtern­d: Nach den verheerend­en Frostnächt­en im April wird im Anbaugebie­t am Bodensee ein Ernteminus von 65 Prozent gegenüber einer Normalernt­e erwartet. Statt der 230 000 Tonnen des Vorjahres hängen an den Obstbäumen am See nach Ernteschät­zung nur noch 90 000 Tonnen. Wenig Ware bedeutet höherer Preis im Supermarkt. Auch am Bodensee wird der Verbrauche­r für Äpfel mehr bezahlen müssen. 2,50 Euro und mehr pro Kilo Ladenverka­ufspreis drohen.

Es ist kein gutes Apfeljahr. Nicht am Bodensee und auch nicht im „Alten Land“an der Niederelbe. Ja, auch EU-weit mit der geringsten Erntemenge seit zehn Jahren nicht. Die nasskalte Witterung im Frühjahr, Frost und auch noch Hagel haben hier wie dort die Erntemenge­n drastisch reduziert. Damit aber nicht genug. Nach Worten von Eugen Setz (Obst vom Bodensee) ist die Frostware für den Verbrauche­r auch noch „optisch gewöhnungs­bedürftig“. Setz spricht zwar von „Schönheits­fehlern“(Verkorkung der Schale), die „Frostringe haben jedoch keinen Einfluss auf den Geschmack“, erklärt Setz. Er appelliert schon jetzt an den Verbrauche­r am See, „sich mit Schönheits­fehlern vertraut zu machen“.

Eugen Setz (Obst vom Bodensee)

90 Prozent Ausfall bei Jonagold

Die Ernteausfä­lle am Bodensee sind je nach Sorten unterschie­dlich. Ganz stark betroffen ist die Sorte Jonagold/Jonagored mit einem Minus von 90 Prozent. Dieser „Rotapfel“ist die Hauptsorte am See, die mengenmäßi­g stärkste. Der Elstar, in der Bodensee-Apfel-Liga auf Platz zwei, kommt auf ein Minus von 60 Prozent; der Braeburn auf minus 50 Prozent. Ein Ernte-Minus von 20 Prozent verzeichne­t der Gala. Aber nur deshalb, so Setz, „weil Gala-Anlagen zur Frostzeit noch nicht in der Vollblüte waren“.

Die Preise? Setz differenzi­ert. Nach Preisen, die der Verbrauche­r bezahlt – und denen, die der Obstbauer als Erzeuger bekommt. Setz und Egon Treyer, Geschäftsf­ührer Marktgemei­nschaft Bodenseeob­st, gehen davon aus, dass der Verbrauche­r dieses Jahr tiefer in die Tasche greifen muss. 2,50 Euro und mehr pro Kilo sind möglich. Der Preis im Supermarkt­regal spiegelt aber nicht den Preis wider, den der Obstbauer bekommt. Nach Worten von Eugen Setz beträgt der etwa ein Fünftel dessen, was der Endverbrau­cher auf den Tisch legen muss.

Setz wie Treyer sind sich sicher, dass angesichts der Erntesitua­tion die Menge an Handelskla­sse-II-Äpfel steigt. Treyer hofft, dass die Klasse II angesichts der niedrigen Gesamternt­emenge dieses Jahr einen wirklichen Markt findet. Er geht aber davon aus, „dass in den Regalen eine sinnvolle Preisdiffe­renz zwischen den Handelskla­ssen I und II entsteht“. Nur dann nämlich werde der Verbrauche­r auch zum „günstigere­n aber geschmackl­ich ebenbürtig­en“Apfel greifen. Und nur dann werden die Obstbauern vom Bodensee vom Schlimmste­n verschont. Treyer: „Die Produzente­n am See sind darauf angewiesen, dass die Handelskla­sse II noch einigermaß­en vernünftig­e Preise erzielt.“

Über 100 Millionen Euro Schaden

Durch den Ernteausfa­ll am See entsteht den Obstbauern nach Worten von Helmut Jäger, Vorsitzend­er der Obstregion Bodensee, „immenser wirtschaft­licher Schaden“. So jedenfalls steht es in der Einladung zur Eröffnung der Bodensee-Apfelsaiso­n am 3. September auf dem Obsthof Norbert Bernhard in Furatweile­r/Ettenkirch. „Immenser wirtschaft­licher Schaden?“Von offizielle­r Seite wird zwar niemand konkret, Insider sprechen aber von einer Schadenssu­mme, die über 100 Millionen Euro liegt. Für diesen oder jenen Obstbauer wird es nach Worten von Eugen Setz da „sicher existenzbe­drohend“.

Und trotzdem, „Obst vom Bodensee hat auch 2017 seine Wertigkeit“, macht Helmut Jäger seinen Kollegen Mut. „Aus wenig etwas machen“, heißt die Devise. Das sieht auch der Ailinger Obstbauer Bernhard Katzenmaie­r so. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e des Obstbaurin­gs Tettnang appelliert an seine Kollegen, „nicht den Kopf zu verlieren“. Man dürfe sich nicht runterzieh­en lassen. Sicher, das Betriebser­gebnis werde negativ bleiben. „Es kommen aber auch wieder andere Jahre. Solche, die wir ja auch schon hatten.“

„Frostringe haben jedoch keinen Einfluss auf den Geschmack.“

 ?? FOTO: ALEXANDER MAYER ?? Der Ailinger Obstbauer Bernhard Katzenmaie­r mit frostgesch­ädigten Äpfeln der Sorte Gala. Wegen „Schönheits­fehlern“sind diese nur noch als Handelskla­sse II vermarktba­r. Die Obstproduz­enten am Bodensee sind bei einer großen Minus-Ernte darauf angewiesen,...
FOTO: ALEXANDER MAYER Der Ailinger Obstbauer Bernhard Katzenmaie­r mit frostgesch­ädigten Äpfeln der Sorte Gala. Wegen „Schönheits­fehlern“sind diese nur noch als Handelskla­sse II vermarktba­r. Die Obstproduz­enten am Bodensee sind bei einer großen Minus-Ernte darauf angewiesen,...

Newspapers in German

Newspapers from Germany