Mit der Gästehaus-Schließung endet die Ära Enderle
Nach knapp 60 Jahren „Enderle im Praßberg“ist nun auch die Pension eingestellt – Vor 23 Jahren entstanden dort Wohnblöcke
WANGEN - Zwei Tage Räumungsverkauf liegen hinter Elisabeth Enderle. Am Sonntag hat sie zum letzten Mal Gäste verabschiedet. Das Gästehaus Enderle ist Geschichte – 23 Jahre nach Aufgabe und Abriss der damals gegenüberliegenden Enderle-Wirtschaft Sonnenhalde, an die sich noch viele Wangener erinnern.
„Moderne Fremdenzimmer mit Dusche und WC“steht auf der Rückseite der alten Bilder des Gasthauses zur Sonnenhalde, die immer noch existieren. Und darunter: „Gut bürgerliche Küche, Garagen, Liegewiese, Schwimmbad“. 1994 war es vorbei mit der „gut bürgerlichen Küche“und dem von einem „Baumdach“beschatteten Biergarten. Die 1960 eingeweihte Gaststätte wurde verkauft und abgerissen und musste Wohnblöcken weichen. Maria Enderle, Schwiegermutter von Elisabeth Enderle, führte allerdings das Gästehaus weiter, das ein bis zwei Jahre nach dem Bau des Gasthauses Enderle Ende der 50er-Jahre entstand und 1964 erweitert wurde, um der Gästeschar Herr zu werden.
Ab 2001 hat Schwiegertochter Elisabeth den Gästehaus-Betrieb weitergeführt, Gebhard Enderle 2007 das Gästehaus als solches übernommen. Als günstige Unterkunft gefragt war es vor allem von Menschen, die in Wangen beruflich zu tun hatten, bei Angehörigen von Fachklinik-Patienten, aber auch von Gästen, die Urlaub machten oder Verwandte besuchten. Nun aber soll – vor allem aus gesundheitlichen Gründen – Schluss sein. Elisabeth Enderle: „Das Haus ist verkauft und wird zu zwei Reihenhäusern umgebaut.“
Vom Geschirr bis zur Matratze – alles musste innerhalb von Tagen weg. Viel hat Elisabeth Enderle, die auch in den Jahren vor 2001 ihrer Schwiegermutter im Gästehaus unter die Arme griff, in den vielen Jahren erlebt: „Ich habe viele nette Leute aus dem In- und Ausland kennengelernt.“Gewandelt hat sich die GästeKlientel immer wieder: „Kamen nach der Wende vor allem Menschen aus den neuen Bundesländern, so waren es in den vergangenen Jahren immer mehr Osteuropäer.“Auch die Aufenthaltsdauer hat sich verändert: „Früher buchten die Gäste gleich fürs nächste Jahr. Heute sind sie meist nicht mehr als zwei Tage da.“
Gast schläft auf Pizza ein
Elisabeth Enderles Geschichten reichen von der Pizza, auf der ein Gast eingeschlafen ist, bis hin zu den „traurigen Sachen“, wenn Kinderkrankheitsgeschichten in der Fachklinik einen tragischen Verlauf nahmen: „Eine gebürtige Wangenerin, die nach Berlin gezogen ist, hat hier bei uns immer ihr Heimweh abgestreift und von ihren alten Lehrern am Gymnasium erzählt, die ich auch noch kannte. Das war immer nett.“
Zuletzt hat Sohn Daniel im Haus der Großeltern gelebt und im Gästehaus neben Elisabeth Enderle nach dem Rechten gesehen. Jetzt, wo Ehemann Gebhard erkrankt und die vier Kinder im Alter zwischen 23 und 31 Jahren aus dem Haus sind, möchte Elisabeth Enderle kürzertreten, sich mehr um den 97-jährigen, in Dinkelsbühl lebenden, Vater kümmern und vielleicht auch etwas mit ihrem Mann reisen: „Ich habe keine Wehmut. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.“GRÜSS GOTT