Der Balkan im Spannungsfeld zwischen Nato und Moskau
Der Balkan gerät immer tiefer in das geopolitische Spannungsfeld zwischen Nato und Russland: Serbien will seine Nachbarn an einem Nato-Beitritt hindern.
Montenegro, der kleine Bruder Serbiens, ist für Russlands geopolitische Interessen bereits verloren gegangen: Die Adriarepublik ist nach Slowenien und Kroatien die dritte exjugoslawische Teilrepublik, die im Juni Mitglied der Nato wurde. Im vergangenen Herbst sollte Montenegros starker Mann, Milo Djukanovic, mit einem Putsch beseitigt werden, um den Beitritt zu verhindern. Gesteuert hätte den gescheiterten Umsturz laut montenegrinischen Angaben der russische Militärgeheimdienst GRU, und zwar von Serbien aus.
Könnte sich ein solches Putschszenario in anderen Balkanländern wiederholen? Ausgeschlossen ist es nicht. Serbien strebt zwar die Mitgliedschaft in der EU an, nicht aber in der Nato, die 1999 den Kosovo-Krieg mit Bomben auf serbische Ziele beendet hat und deshalb angefeindet wird. Serbien fürchtet aber, eines Tages als Insel inmitten einer Nato-Zone übrig zu bleiben und versucht, Beitritte weiterer Nachbarn zu verhindern.
Vor allem darf die einstige Provinz Kosovo, deren Eigenstaatlichkeit Belgrad ablehnt, niemals Nato-Mitglied werden. Serbien spielt zugleich den geopolitischen Interessen Russlands in die Hände, das auf dem Balkan dem Westen Probleme bescheren will.
Mazedonien wäre der nächste Nato-Kandidat, was bereits zu Störungen in den Beziehungen zu Serbien führt. Die neue sozialdemokratische Regierung in Skopje warf den serbischen Diplomaten vor, im Auftrag des russischen Geheimdienstes das Land destabilisieren zu wollen, um dessen Nato-Ambitionen zu durchkreuzen.
Bis zum Regierungswechsel im Mai war der nationalistische Premier Nikola Gruevski an der Macht, ein verlässlicher Partner für Moskau und Belgrad. Doch sein linker Nachfolger Zoran Zaev hat dem Land einen Kurswechsel verordnet. Nun kann es nicht schnell genug gehen: Verteidigungsministerin Radmila Sekerinska forderte, „das Land muss zusammenstehen, damit wir so schnell wie möglich Nato- und EU-Mitglied werden können“. Voraussetzung für einen Natound EU-Beitritt ist allerdings, dass der Konflikt um den Staatsnamen beigelegt wird.
Seit der Unabhängigkeit Mazedoniens 1992 musste sich das Balkanland mit der Bezeichnung FYROM (Former Yugoslav Republic of Macedonia) abfinden, weil Griechenland Alleinanspruch auf diesen Namen erhebt. Doch zum Leidwesen Russlands und Serbiens scheint Athen erstmals für einen Kompromiss bereit zu sein.
Für Bosnien-Herzegowina wiederum wäre der Nato-Beitritt eine Existenzfrage. Die Regierung des bosniakisch-kroatischen Teilstaates, in dem die Mehrheit der Bevölkerung lebt, ist für die Nato; jene des serbischen Teilstaates, der Republika Srpska, ist dagegen, und wird dafür vom Mutterland Serbien und Russland unterstützt. Eine Einigung in der Nato-Frage nicht in Sicht, weshalb Bosnien-Herzegowina wie Serbien wohl „neutral“bleiben wird.