Schwäbische Zeitung (Wangen)

Überwacht, immer und überall

„Jugend ohne Gott“wirft einen düsteren Blick auf die strikt leistungso­rientierte Gesellscha­ft

- Jugend ohne Gott. Regie: Alain Gsponer. Mit Jannis Niewöhner, Fahri Yardim, Emilia Schüle, Alicia von Rittberg. Deutschlan­d 2017. 114 Minuten. FSK ab 12.

Eine Gruppe von Jugendlich­en zieht in ein Zeltlager, das wie ein Survival Camp anmutet. Eine Uni will die Besten der Besten auswählen. Der Film „Jugend ohne Gott“des Schweizer Regisseurs Alain Gsponer („Heidi“) entwirft eine düstere Zukunftsvi­sion. Er beruht auf dem gleichnami­gen Antikriegs­roman von Ödön von Horváth (1901 bis 1938), der Ende der Dreißigerj­ahre erschienen ist.

Die Nationalso­zialisten setzten das Buch seinerzeit auf die „Liste des schädliche­n und unerwünsch­ten Schrifttum­s“. Gsponer versetzt die Handlung nun in die nahe Zukunft. In der zählen nur noch Erfolg und Effizienz, Konkurrenz und Klassen bestimmen die Gesellscha­ft. Die Jugendlich­en Zach, Nadesh und Titus gehören bereits zur Elite. In einem Zeltlager sollen sie ihre Fähigkeite­n beweisen, um für die Universitä­t ausgewählt zu werden. Ein gnadenlose­r Wettkampf beginnt. Eine Schlüsselr­olle kommt auch dem Lehrer (Fahri Yardim) zu, der die Dinge zwar durchschau­t, aber erst am Schluss die Kraft zum Widerstand findet.

Zu Beginn des Zeltlagers wird allen Teilnehmer­n ein Chip eingepflan­zt. Immer wieder schwebt eine Drohne in der Luft und zeichnet alles auf. Ständig werden Körperdate­n erhoben, auch die psychische Verfassung wird analysiert. Zach (Jannis Niewöhner) erkennt, dass die angeblich gleichen Chancen für alle nur leeres Gerede sind und die Welt in Wirklichke­it verlogen und kalt ist. Nach dem Suizid seines Vaters schreibt er seine Gedanken in ein Tagebuch.

Nadesh (Alicia von Rittberg, „Charité“) verkörpert den Typus der ehrgeizige­n, fleißigen und etwas naiv wirkenden Schülerin. Titus (Jannick Schümann) übernimmt den Part des kalten Technokrat­en, der über Leichen geht.

Außerhalb des Camps leben die sogenannte­n Illegalen, die von der elitären Gesellscha­ft ausgeschlo­ssen sind. Die Leiter des Zeltlagers, unter ihnen die Psychologi­n Loreen (Anna Maria Mühe), informiere­n die Jugendlich­en über „Kriminelle im Wald“, zu denen der Kontakt verboten ist. Ewa (Emilia Schüle) gehört zu diesen Randexiste­nzen. Als Zach ihr begegnet, ist er fasziniert von dem anscheinen­d freien, aber auch prekären Leben.

„Jugend ohne Gott“ist hochkaräti­g besetzt, die Schauspiel­er überzeugen, ebenso die Ästhetik. Eine gewisse Straffung hätte dem Film allerdings gutgetan. Und über den konvention­ellen Habitus, der an „Die Tribute von Panem“erinnert, kommt der Film trotz des spannenden Themas nicht hinaus. (dpa)

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FOTO: CONSTANTIN Zach (Jannis Niewöhner) und Nadesh (Alicia von Rittberg) sind Hoffnungst­räger der Elite.

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