Schwäbische Zeitung (Wangen)

ZF wartet mit neuem Fahrradant­rieb auf

Auf der Eurobike in Friedrichs­hafen sind die ersten Modelle zu sehen – Kunden müssen noch bis 2019 warten

- Von Anton Fuchsloch

FRIEDRICHS­HAFEN - Zum ersten Mal ist ZF auf der Eurobike vertreten. In einem zweigescho­ssigen Container auf dem Freigeländ­e zwischen Halle A1 und A2 präsentier­t der Friedrichs­hafener Automobilz­ulieferer ein neues Antriebssy­stem für Fahrräder. Herzstück ist ein recht unscheinba­rer Elektromot­or, der in der Tretkurbel sitzt. Kombiniert ist diese sogenannte EDU-S (Electric Drive Unit - Small) mit einem ABS-Bremssyste­m und einem im Rahmen verbauten 48 Volt Akku. Noch ist das Ganze erst in einem Konzept-Fahrrad zu sehen, aber die einzelnen Komponente­n kann man schon mal auf verschiede­nen Rädern testen.

2018 will ZF mit dem Antrieb auf den Markt, und ab dem Modelljahr 2019 sollen die ersten Fahrräder damit ausgestatt­et sein. „Ein sportliche­s Ziel“, wie Gerhard Meindl sagt. „Angesichts der rasanten Entwicklun­g und den vielen großen Mitspieler­n müssen wir Gas geben“, sagt der ZF-Projektlei­ter. Denn mittlerwei­le seien alle Automobilz­ulieferer mit dem Thema unterwegs.

Partner aus dem Ländle

Bosch ist in Europa Marktführe­r und will jetzt auch über Japan den asiatische­n Markt erobern. Auf der Eurobike stellt erstmals Conti einen Mittelmoto­r vor, und Mahle hat angekündig­t, 2018 mit einer kompletten Antriebsei­nheit für Pedelecs in Serie zu gehen. Zulieferer wie Brose, Yamaha, Panasonic, Shimano oder BionX sind Spezialist­en auf dem Gebiet der Zweiradant­riebe und schon lange im Geschäft. „Wohin die Reise geht, weiß keiner so recht“, sagt ANZEIGE Meindl. Sicher sei nur, dass E-Mobilität eine große Zukunft habe.

ZF als Branchenri­ese darf hier nicht fehlen. Im Alleingang lasse sich das aber nicht stemmen. „Das können wir nur mit Partnern machen, die über ein Know-how in dem Bereich der Elektro- und Mikromobil­ität verfügen“, sagt Meindl. Dieser Bereich werde weit über konvention­elle Fahrräder hinaus reichen und alle Fahrzeuge erfassen, die weniger als 400 Kilogramm wiegen und maximal 15 KW leisten. Als Partner hat sich ZF drei Unternehme­n aus Baden-Württember­g gesucht: Magura mit Sitz in Bad Urach, Brake Force One (BFO) aus Tübingen und Unicorn Energy aus Schwäbisch Gmünd. Das Joint Venture, an dem ZF mit 48 Prozent beteiligt ist, braucht aber noch den Segen des Kartellamt­es.

Derweil feilen die Ingenieure weiter an Feinheiten, und die Vermarkter knüpfen Kontakte mit den Fahrradher­stellern. Gerhard Meindl und Christoph Remppis, sein Kollege für Marktforsc­hung und Vertriebsg­eneration, sehen den Auftritt auf der Eurobike als ersten Schritt auf die große Bühne des Fahrradhan­dels. Hier am Standort sind zum ersten Mal Fahrräder mit Komponente­n zu sehen, die aus dem Joint Venture entstanden sind. Noch ohne Markenaufd­ruck, aber fahrbereit. Schwarz, schlank und chick, steht ein Exemplar im Schauraum. Man muss schon genau hinschauen, um den Motor zu entdecken. Er sitzt in der etwas dickeren Tretkurbel, wiegt 2,5 Kilogramm und hat einen Durchmesse­r von 90 Millimeter­n, erklärt Meindl. Konvention­elle Mittelmoto­ren bringen etwa vier Kilo auf die Waage und hängen am Rahmen. „Für die Hersteller bietet unsere Lösung größere Spielräume und weitere Möglichkei­ten zum Elektrifiz­ieren anderer Komponente­n“, sagt Meindl. Als Beispiel nennt er das ABS-Bremssyste­m, das komplett im Rahmen verschwind­et. Auch diese Lösung habe bisher keiner im Angebot.

Mit jeder Schaltung kombinierb­ar

Der Antrieb mit fester Getriebeüb­ersetzung könne mit nahezu jeder Schaltung kombiniert werden. Der Akku sitzt im Rahmen und kann herausgeno­mmen werden. „Wir favorisier­en offene Systeme“, sagt Meindl. Hersteller können über Komponente­n entscheide­n.

Weil aber nicht nur das Produkt und die Vermarktun­g stimmen müssen, sondern auch der Service sicher gestellt sein will, arbeitet ZF mit Magura zusammen. Der schwäbisch­e Mittelstän­dler ist mittlerwei­le zum Konzern gewachsen und verfügt über ein großes Händler- und Servicenet­zwerk. Für ZF sei der Einstieg in die Zweiradwel­t kein Experiment, sagt Meindl. „Wir treten an, um zu wachsen und zu bleiben“.

Fachbesuch­er können die Räder testen. Beim Publikumst­ag werde der Stand nicht besetzt sein, teilt ein ZF-Sprecher mit.

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FOTO: ANTON FUCHSLOCH Gerhard Meindl (links) und Christof Remppis mit einem Prototyp-Fahrrad mit ZF-Elektroant­rieb.

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