Schwäbische Zeitung (Wangen)

Blaualgen tummeln sich im Waldsee

Seit vier Wochen herrscht Badeverbot in Lindenberg

- Von Benjamin Schwärzler

LINDENBERG - Das rot-weiße Absperrban­d flattert im Wind. Auf der Seeoberflä­che zieht einsam eine Entenfamil­ie ihre Kreise. Auf dem Rundweg ein paar Spaziergän­ger, Jogger und Hundebesit­zer. Auf der Liegewiese hingegen: gähnende Leere. Wo sich sonst Hunderte Lindenberg­er ins Wasser stürzen, sitzen nur vereinzelt ein paar Sonnenanbe­ter, um zu lesen oder die Ruhe zu genießen. Es herrscht immer noch Badeverbot am Waldsee – und es deutet derzeit nicht viel darauf hin, dass sich das so schnell wieder ändert.

„Leider hat sich an der Situation in den letzten Wochen nichts geändert. Der Befall war unterschie­dlich stark, jedoch nicht kontinuier­lich abnehmend, sondern lediglich schwankend“, fasst Sibylle Ehreiser vom Landratsam­t die Ergebnisse der Messungen zusammen, die die Behörde regelmäßig vornimmt, seit sie am 28. Juli das Badeverbot erlassen hatte. Damals war bei einer Routinekon­trolle ein Befall mit giftigen Blaualgen festgestel­lt worden. Die Bakterien tummeln sich dort immer noch. „Ob der Waldsee diese Saison nochmals zum Baden freigegebe­n werden kann, können wir daher derzeit leider nicht abschätzen“, teilt Ehreiser auf Nachfrage mit.

Wer derzeit aufmerksam am See unterwegs ist, der kann mit etwas Glück die Kontrolleu­re des Gesundheit­samtes bei ihrer Arbeit beobachten. Die läuft in der Regel wie folgt ab: In einem außen und innen sterilen Gefäß entnehmen sie jeweils 250 Milliliter Wasser. Die Probe wird gekühlt zum Bayerische­n Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it nach Oberschlei­ßheim (bei München) gebracht. Die Fachleute dort untersuche­n das Wasser dann auf verschiede­ne Algenarten, aber auch auf Kolibakter­ien oder Fäkalstrep­tokokken, die im Darm vorkommen. Beim Waldsee wurden bisher ausschließ­lich Cyanobakte­rien nachgewies­en – eben die Blaualgen, die den Lindenberg­ern seit Beginn der Sommerferi­en den Badespaß verdorben haben.

Gleichzeit­ig werden bei den Proben vor Ort auch immer Temperatur­messungen vorgenomme­n und die Sichttiefe des Sees ermittelt. Die kann nach Angaben des Landratsam­tes bereits im Vorfeld Hinweise auf eine Algenblüte geben. Beim Waldsee beispielsw­eise sei der Blaualgenb­efall inzwischen durch die Schlieren an der Oberfläche deutlich sichtbar. Wegen des Befalls ist auch die Zahl der Entnahmest­ellen erhöht worden. Normalerwe­ise ziehen die Kontrolleu­re ihre Proben direkt am Steg, doch derzeit auch an anderen ausgewählt­en Stellen.

Stürme haben Einfluss

Wie die Blaualgen verteilt sind, hängt von der Strömung und vom Wetter ab. Einfluss haben beispielsw­eise Starkregen oder Sturm. „Bei den letzten Stürmen wurden am Waldsee in großen Mengen Cyanobakte­rien meist in den Nichtschwi­mmerund Schwimmerb­ereich oberflächi­g angetriebe­n, während an anderen Stellen stromaufwä­rts nur vereinzelt Blaualgen festgestel­lt wurden“, so Ehreiser.

Die Bakterien, die sich möglicherw­eise durch eine Überdüngun­g so stark im Waldsee vermehrt haben, können sowohl für Menschen als auch Tiere (Hunde, Rinder, Fische) gesundheit­sgefährden­d sein. Wer sich in den Moorsee stürzt, der riskiert laut Landratsam­t eine ganze Reihe an Erkrankung­en: Ausschlag, Ohrenprobl­eme oder Bindehaute­ntzündunge­n bei Kontakt – Übelheit, Erbrechen und Atmennot, wenn Wasser mit hoher Blaualgenk­onzentrati­on geschluckt wird. Ein Schwimmer schluckt laut dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it durchschni­ttlich rund 50 Milliliter Wasser. Bei Kindern, die im Wasser spielen, kann es ein Vielfaches mehr sein.

Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t ist seit Wochen im regelmäßig­en Austausch mit Vertretern von Wasserwirt­schaftsamt und Gesundheit­samt. „Es kann sich niemand einen Reim darauf machen“, sagt er über die Ursache der Blaualgen. Die Fachleute seien auch verwundert darüber, dass diese so „ungewöhnli­ch langwierig“im Waldsee vorkommen. Auch Landwirte seien in die Gespräche eingebunde­n. „Sie achten darauf, dass nichts mehr passiert“, sagt er.

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