Schwäbische Zeitung (Wangen)

Besondere Lebensräum­e im Allgäu

An Seen, Tobeln und Wildbächen finden sich echte Überlebens­künstler aus der Tier- und Pflanzenwe­lt

- Von Anja Worschech

OBERALLGÄU - Alle Wanderrout­en unserer Sommerakti­on führen dieses Jahr an Gewässern vorbei. Tobel, Wildbäche und Seen sind einzigarti­ge Biotope für zahlreiche Pflanzen und Tiere, die man als Wanderer auf den ersten Blick gar nicht wahrnimmt.

Der Hörmoossee bei Oberstaufe­n gehört zum größten Hochlagenm­oorgebiet der gesamten Nagelfluhk­ette. Die Besonderhe­it: Moore wachsen nur ganz langsam, etwa einen Millimeter pro Jahr, sagt Julia Wehnert vom Bund Naturschut­z. Das Moor selbst hat zwar wenig Nährstoffe, doch einige Pflanzen haben sich angepasst. So zum Beispiel der Sonnentau – eine fleischfre­ssende Pflanze, die sich von kleinen Insekten ernährt. Markant für die Moore seien auch die Latschenfi­lz, ein Bewuchs

Moorsee:

von niedrigen Kiefern und das Wollgras mit seinen hübschen „Watteköpfc­hen“. Rund um die Moore finden sich feuchte Streu- und Nasswiesen mit vielen bunten und teilweise seltenen Kräutern. Doch es gibt ein Problem: vor allem durch das Weidevieh werden die Moor- und Uferbereic­he des Sees oft zertreten, sagt Wehnert.

Tobel& Wildbäche:

Dunkelgrün­e Moose und Flechten bewachsen die Steine in den Schluchten. Das ist auch charakteri­stisch für den Steigbacht­obel bei Immenstadt. Dieser Wildbach überwindet auf sechs Kilometern über 1750 Höhenmeter. Bei Hochwasser entfalte der Bach eine enorme Kraft und es gebe auch Hangrutsch­e. Nur wer sich spezialisi­ert, kann in einem solchen Lebensraum überleben, sagt Stadtförst­er Gerhard Honold. So zum Beispiel die Wasseramse­l: ein Vogel, der unter Wasser laufen kann. „Die Amsel hat schwere, dicke Knochen und stürzt sich damit ins Wasser, um Insekten zu suchen.“Auch die Bäume haben sich angepasst. „Das sind richtige Überlebens­künstler“, sagt der Förster. Fichten und Tannen bilden ein gigantisch­es Wurzelwerk, um sich an den steilen Abhängen festzuklam­mern.

Regen- und Schmelzwas­ser speisen die Gletscherb­äche. „Tiere sind sehr kreativ bei der Anpassung an die reißende Strömung“, sagt Kathrin Struller vom Landesbund für Vogelschut­z (LBV). Sie seien meist sehr klein und verfügen über abgeflacht­e Körper, wie beispielsw­eise der Strudelwur­m und die Larve der Eintagsfli­ege. Weitverbre­itet sei auch das „Ankleben“an den Untergrund. Der Strudelwur­m und die Mützenschn­ecke nutzen dafür ihren

Alpenflüss­e:

Schleim, Haken- und Klauenkäfe­r setzen ihre Fußkrallen ein. Die Köcherflie­genlarve baut sogar Tannennade­ln als „Widerhaken“in ihr Gehäuse ein, um nicht abzudrifte­n. Doch oft werden Gebirgsbäc­he verbaut, sagt Struller. Auf diese Weise verschwänd­en wichtige Lebensräum­e wie Kiesbänke und Auenlandsc­haften.

Bergseen:

Sie liegen meist mystisch und ruhig in Senken. Bergseen sind außergewöh­nliche Lebensräum­e: kalt und oft sehr nährstoffa­rm. Dies erklärt oft die Klarheit der Seen. Der Freibergse­e bei Oberstdorf liegt auf 921 Metern und ist mit 18 Hektar der größte Hochgebirg­ssee im Allgäu. Entstanden ist er durch Eismassen des Stillachgl­etschers, die aus dem weichen Flyschgest­ein ein Seebecken formten. An der tiefsten Stelle ist der See etwa 25 Meter tief.

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