Schwäbische Zeitung (Wangen)

Milchbauer­n skeptisch gegenüber dem Bund

Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter veranstalt­ete Podiumsdis­kussion mit Politikern in Baindt

- Von Dorothee L. Schaefer

BAINDT - Ins Festzelt von Baindt auf der saftig grünen Wiese hatte am Freitagabe­nd der BDM (Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter e.V.) zum Milchbauer­nabend geladen. Als Gastgeber und Bewirter fungierte die Reitergrup­pe Baindt. Im Mittelpunk­t stand eine Podiumsdis­kussion „Politiker auf dem Prüfstand – Wer vertritt die Anliegen der Milchbauer­n?“, an der drei Kandidaten für die anstehende Bundestags­wahl, eine Europaparl­amentsabge­ordnete teilnahmen und die der Ressortlei­ter Wirtschaft der „Schwäbisch­en Zeitung“, Benjamin Wagener, moderierte.

„Oberschwab­en ist der Kuhstall von Baden-Württember­g“, hieß es in der Begrüßung vonseiten des BDM, die erst kurz nach halb neun erfolgte. Das Bundesland liege an vierter Stelle der Milcherzeu­gung in Deutschlan­d und die Milchbauer­n seien somit ein „entscheide­nder Wirtschaft­sfaktor“. Benjamin Wagener verband die Vorstellun­g der Podiumsgäs­te gleich mit der Frage, was denn jeden dazu befähige, hier über ein Kernproble­m der Landwirtsc­haft zu reden, und begann mit dem jüngsten FDP-Nachwuchs, dem Rechtsanwa­lt Benjamin Strasser (*1987). Der „Erfahrungs­landwirt“stammt aus Weingarten, während der zweite Jurist, der 53-jährige Axel Müller (CDU) aus einer Handwerker­familie kommt und als Richter „sich ständig in neue Sachgebiet­e einarbeite­n“muss. Auch für Heike Engelhardt (SPD), Jahrgang 1961, Lehrerin, PR-Referentin und Coach am ZfP, gilt die Aufgeschlo­ssenheit gegenüber neuen Themen sowie ein grundsätzl­iches Interesse an Ökologie und Umwelt. Als einzige Insiderin brauchte sich die Bäuerin Maria Heubuch (Jg. 1958), die seit 1981 einen Milchviehb­etrieb mit ihrem Mann bewirtscha­ftet und seit 2014 im Europaparl­ament sitzt, nicht groß vorzustell­en. Mit der Moderatore­nfrage, was denn die Parteien bisher „gut gemacht“hätten, stieg Heubuch gleich engagiert ein und erntete für ihre unpolemisc­hen, kritischen Aussagen auch immer wieder den meisten Applaus.

30 Cent pro Liter für die Bauern

Da schwirrten die Begriffe „volatiler Markt“, „funktionie­rende Quote“, „soft landing“(bis 2018 soll die Milchquote jedes Jahr um ein Prozent angehoben werden) nur so hin und her. Wagener warf auch die Reizthemen Quotenrege­lung, Milchpulve­rdesaster bei Omira, Markteingr­iff, Gängelung durch genossensc­haftliche Vorgaben in die Gesprächsr­unde. Gegen die eher allgemeine­n Slogans der anderen – hielt Heubuch mehrfach die nackten Zahlen: Solange der Milchbauer für den Liter im Mittel 30 Cent bekomme und die – von unabhängig­en Stellen errechnete­n – Produktion­skosten bei 45 Cent lägen, könne sich an der Situation der Höfe und am Hofsterben nichts ändern. Auch legte sie immer wieder den Finger in die Wunden: „Welche Landwirtsc­haft wollen wir und welche Instrument­e passen darauf ?“, war ihre Frage. Das Geld der Europäisch­en Union liefe letztlich seit langer Zeit in die Industrial­isierung der Landwirtsc­haft, die immer weniger Bauern und Verbrauche­r als richtig erachteten.

Nach fast zwei Stunden forderte der Moderator zur Diskussion mit dem Publikum auf. Auf die Frage „Fühlen Sie sich von der Politik ernst genommen?“, erschallte ein vielfaches Nein aus den Reihen. Und statt präziser Fragen mussten einige erst ein längeres und markantes Statement abgeben, um die aufgestaut­e Luft abzulassen. „Wozu brauche ich Politiker?“brachte es eine engagierte Milchbäuer­in auf den Punkt. Eine Frage, die kurz vor den Wahlen immer wieder gestellt wird – und immer aktuell ist. Zumal wenn man so weit von Berlin weg ist wie in Oberschwab­en.

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FOTO: HILDENBRAN­D/DPA Um die Belange der Milchbauer­n ging es bei einer Podiumsdis­kussion des BDM.

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