Radelnd auf Ritters Spuren
Hinter der „Fünf Schlössertour“verbirgt sich eine aussichtsreiche Runde im Rheintal
Schnaufend trete ich in die Pedale. Kann ich noch weiter runterschalten? Tatsächlich, so ein Glück. Im niedrigsten Gang strample ich den Anstieg hoch. Und noch eine Kurve, und noch eine Kurve. Die knapp 20 Kilometer bisher über weitgehend ebene Strecken waren eine einfache Übung. Aber dieser Anstieg zur Burgruine Wartau oberhalb des Schweizer Rheintals hat es in sich. Absteigen ist keine Option, also fleißig weitertreten, noch mal ein bisschen Wasser trinken. Wenigstens spendet der Wald angenehmen Schatten. Noch eine Kurve – und da rücken auch schon die wuchtigen Mauern der Ruine ins Sichtfeld. Die letzten Meter über Schotter und Gras zwingen dann doch noch zum Schieben. Geschenkt. Trutzig steht die Ruine aus Tuffsteinen auf 650 Meter Höhe. Für den Ausblick auf Rheintal und Berge haben sich die Strapazen gelohnt. Treppenstufen führen hinauf ins Innere der einstigen Burg. Angenehm kühl hier drin. Wer mag, lässt sich an einem der Picknicktische im Schatten der Ruine nieder, um ein wenig Energie zu tanken, bevor es weitergeht.
Start in Vaduz
Die „Fünf Schlössertour“führt auf 45 Kilometern durch das Fürstentum Liechtenstein und die angrenzende Schweiz. In Vaduz, Liechtensteins Hauptort, starten wir gegen den Uhrzeigersinn: Trinkrucksack auf dem Rücken, Sportuhr ums Handgelenk. Orientierung sollen die Schilder mit den Nummern 35 und 555 bieten. Zunächst geht es am Rheindamm entlang. Helltürkis zieht der Fluss vorbei. Zur Rechten thront imposant das Schloss, das seit 1938 Wohnsitz der fürstlichen Familie ist. Märchenhaft liegt es oberhalb des Städtchens. Wer den Anstieg nicht scheut, kann einen Abstecher hinauf zum etwa 700 Jahre alten Wahrzeichen von Liechtenstein machen. Wir bleiben auf der vorgegebenen Route und bewundern Schloss Vaduz aus der Ferne.
Der Weg führt zwischen Feldern, bepflanzt mit Rotkohl und Mais, hindurch. Aus einem Gewächshaus blitzen rote Blumen hervor. In der Ferne immer der Blick auf die Berggipfel. Vor lauter Idyll kann man da schon mal vergessen, dass der Radweg auch immer wieder von Straßen gekreuzt wird oder gar auf der Straße verläuft. Ein scharfes Bremsmanöver holt den Radler zurück in die Realität. Lektion gelernt: Also nicht nur verträumt in die Landschaft blicken, sondern auch auf andere Verkehrsteilnehmer achten.
Durch ein kurzes Waldstück führt der Weg zurück an den Rhein. Einmal über die Energiebrücke und schon sind wir in der Schweiz. Buchs wartet mit Schloss Werdenberg auf, das malerisch oberhalb von Weinbergen und einem kleinen See liegt. Weiter geht die Tour durch Schweizer Wohngebiete, dann wieder raus durch die Maisfelder mit traumhaftem Bergblick. Die Ruine Wartau ist schon zu erkennen – und der bis dahin mächtigste Anstieg zu erahnen.
Erbaut haben die Burg vielleicht die Herren von Wildenberg. Im 15. Jahrhundert wechselten die Besitzer rasch: Auch in den Händen der Grafen von Montfort-Tettnang war sie eine Zeit lang. Doch genug der Geschichtsstunde. Rasant geht es von hier aus weiter. Auf der Strecke, die vom höchsten Punkt der Tour wieder ins Tal hinunterführt, laufen die Bremsen warm.
Wieder in der Ebene verläuft der Weg nach Sargans recht gemächlich. Wir entscheiden, dass es reicht, Schloss Sargans von unten zu sehen und folgen den 555-Schildern Richtung Rhein. Fünfte und letzte Station ist das liechtensteinische Balzers. Auf einem 60 Meter hohen Felskopf steht die imposante Burg Gutenberg. 1263 wurde sie erstmals schriftlich erwähnt, 1314 von den Habsburgern erstanden. 1445 kam es zu Brandschatzungen im Alten Zürichkrieg, 1499 zur Belagerung durch Bündner Truppen. Es lässt sich erahnen, welch bewegte Geschichte die Burg erlebt hat. Vom Außenhof, der das ganze Jahr zugänglich ist, hat man erneut einen fantastischen Blick in die Ebene. Wer Rosengarten und Burgkapelle sehen möchte, sollte sonntags zwischen zehn und 19 Uhr vorbeikommen.
Die letzte Etappe führt zurück nach Vaduz. Es ist besser, wieder am Rheindamm entlangzufahren, statt die Route 555 weiter zu verfolgen, die wenig charmant an der Landstraße entlangführt. Am Flussufer lässt sich mit Blick auf das klare Wasser den Gedanken über Ritter und Adelige nachhängen – und denen über goldene Muscheln. Was es damit auf sich hat? Das ist auf einer Tafel vor Burg Gutenberg nachzulesen ...
Informationen gibt es unter
Hier lässt sich ein Tourenblatt im pdf-Format herunterladen. Auch GPS-Dateien der Tour für das Smartphone sind verfügbar. Auf dieser Webseite des Fürstentums finden sich noch weitere Touren-Ideen. E-Bikes inklusive Helm können über das Liechtenstein Center Vaduz (Telefon 00423/239/ 63000) gemietet werden.