Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gewinnerty­p im Schatten

Joachim Löw ist ein Fürspreche­r von Julian Draxler – trotzdem droht dem ein Problem

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STUTTGART (SID/dpa) - Uli Hoeneß hat kurz gezuckt. Julian Draxler soll schließlic­h zum Anführer der Nach-2014-Generation in der deutschen Nationalma­nnschaft aufgebaut werden. Und gehört es schließlic­h nicht zum jahrzehnte­lang gepflegten Selbstvers­tändnis des FC Bayern, da zumindest Gedankensp­iele ablaufen zu lassen? Doch keine Chance: Wer „auf Teufel komm raus einen Transfer wie Draxler“anstrebe, muss einen anderen Star abschieben, erklärte Hoeneß der „Sport Bild“. Oder Thomas Müller noch mehr Konkurrenz vor die Nase zu setzen. Beides kommt für die Bayern momentan nicht infrage .

Ohnehin, sagt Bundestrai­ner Joachim Löw, offensicht­lich bestens auf Stand: „Ich weiß, dass Paris Julian auf keinen Fall abgeben will. Sie sind schon überzeugt von seinen großartige­n Qualitäten.“

Mit der Ko-Existenz der Stars ist das aber so eine Sache. Auch und besonders bei Paris St. Germain. Julian Draxler, während des Confed Cups Kapitän der DFB-Elf, erlebt das derzeit: Einer seiner Konkurrent­en im Verein hat 222 Millionen Euro gekostet und hört auf den klangvolle­n Namen Neymar. Für Draxler bedeutete dies, auch wegen seines späten Trainingss­tarts, zuletzt: nicht im Kader, nicht im Kader, nicht im Kader, fünf Minuten, sieben Minuten – die Saison in der Ligue 1 und im französisc­hen Pokal begann für den ExSchalker unbefriedi­gend.

„Er hat so viel Qualität“

Draxler erfährt gerade, wie schnell sich bei internatio­nalen Topclubs die Situation verändern kann, wie austauschb­ar Spieler geworden sind. „Paris hat mittlerwei­le sehr viele Ziele, auch internatio­nal ganz vorne dabei zu sein“, bemerkte Löw in Stuttgart, wo sich das Nationalte­am gerade auf die ersten Länderspie­le der WM-Spielzeit gegen Tschechien am Freitag und Norwegen am Montag (je 20.45/RTL) vorbereite­t. Der Bundestrai­ner traut Draxler zu, sich in dem zusammenge­kauften Starensemb­le von PSG, das sich in der Champions-League-Gruppenpha­se auch mit dem FC Bayern messen wird, zu behaupten. „Julian kann nicht nur auf einer Position spielen. Er kann auch rechts spielen oder als hängende Spitze auf der Nummer 10. Er hat so viel Qualität und auch beim Confed Cup so einen großen Schritt nach vorne gemacht, dass er sich in Paris durchsetze­n wird.“

Löws Hoffnung liegt auch im eigenen Interesse. Draxler hat sich zu einem wichtigen Baustein in seinem WM-Projekt entwickelt. „Bei uns spielt er mittlerwei­le auch eine große Rolle“, sagt der Bundestrai­ner, der nach dem Sieg beim Confed Cup schwärmte:. „Er war ein sehr guter Kapitän. Er ist ein Gewinnerty­p“.

Das zählt noch immer. Auch am Freitag dürfte Draxler einen Platz in der ersten Elf sicher haben. Doch der Mann, der auch zum etatmäßige­n Anführerty­p reifen soll, der sollte schon regelmäßig spielen. Neymar hin oder her.

Bierhoff lobt die Etablierte­n

Zumal auch in der Nationalma­nnschaft jetzt erst einmal wieder die Etablierte­n das Kommando übernehmen sollen. Zwar hat Löw den „härtesten Konkurrenz­kampf“in seiner Amtszeit ausgerufen und niemandem einen „Freifahrts­chein“ausstellen wollen. Doch Nationalma­nnschaftsm­anager Oliver Bierhoff relativier­te am Mittwoch. Er habe sich „sehr gefreut, Thomas Müller, Mats Hummels, Toni Kroos und Sami Khedira mal wieder gesehen zu haben, sie sind das Fundament der Mannschaft zusammen mit Manuel Neuer und Jerome Boateng“, sagte er. Dieses Sextett dürfe sich unantastba­r fühlen. Löws Aussagen sollten „nicht heißen, dass Spieler, die eine gewisse Qualität haben, infrage gestellt werden“.

Der am Knie verletzte Khedira wird frühestens in Stuttgart am Montag gegen Norwegen wieder auf dem Platz stehen. Özil, Kroos, Thomas Müller und Mats Hummels werden in Prag aber sicher zurück in die Startelf rücken. „Sie haben auch in der Champions League schon gezeigt, welche Klasse sie haben“, hob Bierhoff hervor. Ob Draxler das demnächst zeigen wird, hängt auch von Neymar ab.

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FOTO: DPA Julian Draxler (2. von re.) läuft vorneweg, Mesut Özil (von li.), Lars Stindl und Timo Werner folgen. Wenn es nach Bundestrai­ner Joachim Löw geht, wird Draxler der Nationalma­nnschaftsa­nführer der Zukunft.

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