Wohnbauforum diskutiert mit OB
Bei Diskussion im Rathaus ist kommunale Baugesellschaft wieder Thema – Forum übergibt Empfehlungen
Beim Gespräch im Rathaus ist kommunale Baugesellschaft wieder Thema.
WANGEN - Zehn Mitglieder des Wohnungsbauforums Wangen haben Oberbürgermeister Michael Lang eine Handlungsempfehlung für die künftige Wohnungsbau-Strategie in der Stadt und eine Liste mit 100 Unterschriften übergeben, in der ein Architektenwettbewerb für das geplante Baugebiet Haid/Wittwais gefordert wird. Bei einer anschließenden, rund zweistündigen Diskussion gab es zudem Ergebnisse: So sollen die derzeit durch ein Friedrichshafener Planungsbüro in Arbeit befindlichen Vorschläge vor der Beratung in den politischen Gremien besprochen werden – und zwar an einem Tisch mit Vertretern des Wohnungsbauforums und der Interessengemeinschaft Haid/Wittais. „Ich glaube, man ist da gar nicht weit auseinander“, glaubt OB Michael Lang. Und auch die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft ist wieder ein Thema.
Die Handlungsempfehlung des Wohnungsbauforums zählt knapp 30 Seiten und mündet am Ende in 19 Vorschläge (siehe Kasten). Matthias Vetter, Architekt und Forumsmitbegründer, erklärte dazu: „Wir reichen die Hand und unterstützen gern.“Und Michael Scheidler, ebenfalls Initiator, nannte als wesentliches Ziel der Handlungsempfehlung den künftigen Vorrang des Allgemeinwohls.
Bei dem Treffen am Mittwoch im Rathaus ging es um viele mögliche Wege künftigen Wohnungsbaus. „Dann diskutieren wir mal“, sagte OB Lang, nachdem Empfehlung und Unterschriften überreicht waren. Und schickte voraus: „Es gibt kein Richtig und kein Falsch, die Wahrheit liegt dazwischen.“
Zudem verdeutlichte er die aktuelle Situation auf dem Markt für Häuslebauer: 200 Bauplatzanfragen lägen beim Liegenschaftsamt. Und wenn die Stadt jetzt – hypothetisch – 1000 Plätze ausweisen würde, wären diese binnen ein bis zwei Jahren vergeben. „Der Markt ist total überhitzt“, erklärte der OB und verwies auf die niedrigen Zinsen. „Aber davon darf man sich nicht leiten lassen.“
Gleichwohl plädierte der Rathauschef zunächst ein gutes Stück für die Ausweisung von Bauland für Häuslebauer: Nur die dadurch garantierte Einzelvergabe gebe der Stadt die Chance, Einfluss zu nehmen, wer den Zuschlag erhält. Bei von Anderen errichteten Mehrfamilienhäusern kämen unter Umständen Menschen aus ganz Deutschland zum Zuge. Und diese seien nicht die Zielgruppe der Stadt.
Bezüglich des strittigen Baugebiets zwischen Haid und Wittwais forderte Lang „Verlässlichkeit“für die Anrainer. Dass heißt: „Vor ein Einfamilienhaus kommt kein Hochhaus. Darauf muss man sich verlassen können.“Auch, um den Frieden in der Kommune zu wahren. Schlage die Stadt diesen Weg nicht ein, drohten zudem Klagen. Diese verzögerten ein Baugebiet womöglich über Jahre. Mit der Folge, dass keinem gedient sei.
Eckhard Mackh, ebenfalls Architekt und seit Anbeginn im Wohnungsbauforum aktiv, verwies indes auf die Nachteile heutiger Einfamilienhäuser: Die Grundstücke seien mittlerweile so klein, dass deren Vorteile wegfielen. Gehe man zu „geschlossener Bauweise“über, werde mehr Freiraum für alle geschaffen. Dank gemeinschaftlicher Flächen für alle Bewohner und zusätzlich privater Nischen. Entsprechende Mustersiedlungen in Bayern „sind überaus beliebt“, sagte Mackh. Denn am Ende steige die Lebensqualität.
Ein Umdenken forderte auch Siegfried Spangenberg, GOL-Stadtrat und im Forum aktiv: „Dadurch verraten wir nicht jene, die in ihrer kleinkarierten Weise haben bauen können – wie ich auch.“Die Zeiten hätten sich geändert. Die vier anstehenden Baugebiete (Haid/Wittwais, Sattelweiher, NTW und Erba/Auwiesen) seien gut geeignet, verschiedene Wohnformen auszuprobieren, regte Spangenbergs Stadtratskollege Gerhard Lang (SPD) an.
Konkret wurde diesbezüglich Matthias Vetter: Den Sattelweiher hält er selbst nicht für Geschosswohnungsbau geeignet. Gleiches gelte womöglich für die Brunnenwiese auf
dem Ex-NTW-Gelände. „Ein bisschen blöd ist nur, dass sie in privaten Händen ist.“Und für das Gebiet zwischen Haid und Wittwais stellte er einen bislang neuen Ansatz zur Diskussion. Geschosswohnungsbau und verdichtetes Bauen sollte – anders als in den ersten städtischen Ideen skizziert – nicht Richtung Gesundheitszentrum entstehen. „Ich würde das umdrehen“, sagte Vetter und schlug Entsprechendes Richtung Niederwangen vor.
Damit griff Vetter die vom OB angesprochene Verlässlichkeit auf. Denn Richtung Niederwangen habe die Stadt weiteres Entwicklungspotenzial. Entstünden auf dieser Seite des aktuell vorgesehenen Baugebiets erneut Einfamilienhäuser, wäre klar, dass Selbiges später weiter außerhalb ebenfalls folgen müsse. Die Stadt verbaue sich damit Entwicklungschancen für andere Bauweisen. Vetter ergänzte: „Das müssen ja keine Blöcke sein.“
An dieser Stelle zeigte sich der Rathauschef generell aufgeschlossen gegenüber anderen Arten des Bauens. Mit dem bisherigen Weg habe man – die eigentlich gewollte – Altersmischung in den Siedlungen nicht erreicht: „Entweder gibt es nur jung oder nur alt.“Und: „Die Stadt hat immer ein Interesse, neue Wohnformen auszuprobieren“, sagte er etwa mit Blick auf das Aufwind-Haus.
Auch die von Matthias Vetter in den Raum gestellte Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft griff OB Lang auf: „Ich sehe den Bedarf durchaus.“Lang hatte Entsprechendes bereits vor einigen Jahren – gemeinsam mit Amtzells Bürgermeister Clemens Moll – angeregt. Der Kreistag wollte sich damals allerdings auf die bestehenden Baugenossenschaften in Wangen und
Ravensburg verlassen.
Nach wie vor hält der Rathauschef eine Wohnungsbaugesellschaft auf kreisweiter Ebene besser angelegt als auf städtischer: „Dann hat sie eine ordentliche Größe und genug Kapital.“Vetter verdeutlichte: Anders als bei den in Ravensburg und Weingarten eingeführten Modellen habe man dann bei der Nutzung „immer den Daumen drauf“. Diese zwingen Investoren, einen bestimmten Prozentsatz neu gebauter Wohnungen sozial gebunden zu vergeben – allerdings zeitlich befristet. Und noch ein Aspekt treibt den OB bei den klassischen, neueren Einfamilienhaussiedlungen um: die Gestaltung der Gärten: „Da bin ich desillusioniert.“Denn diese bestünden meist nur aus Rasen oder Steinen und Thuja-Hecken. Für die Vertreter des Wohnungsbauforums war dies Wasser auf die Mühlen. Denn anderes sei angesichts der kleinen – und von ihnen grundsätzlich in Frage gestellten – kleinen Parzellen heutiger Häuser kaum möglich, erklärte Heiner Miller.
Dass ein gutes Wohnungsangebot in Wangen Standortfaktor für Betriebe und Arbeitnehmer ist, war in der Runde unstrittig. Auch aus diesem Grund befürwortete Michael Scheidler auch „hochwertigen Mietwohnungsbau“. Ein derartiges Angebot tauge für qualifizierte Mitarbeiter von Unternehmen, die mit Jobund Standortwechseln rechnen müssten und deshalb vor dem Eigenheim zurückschreckten. Diesen Ball nahm der OB ebenfalls auf: Man könnte Unternehmen beim Wohnungsbau mit ins Boot holen, etwa in der Haid. Vorbild sei da grundsätzlich die Vergangenheit. Wie zum Beispiel die Erba mit ihren Arbeiterwohnungen.
„Vor ein Einfamilienhaus kommt kein Hochhaus. Darauf muss man sich verlassen können.“OB Michael Lang zur städtischen Leitlinie beim Wohnungsbau
„Dadurch verraten wir nicht jene, die in ihrer kleinkarierten Weise haben bauen können – wie ich auch.“Siegfried Spangenberg fordert ein Umdenken beim Bauen