Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Alle Lampen leuchten“

Ursache für Flugzeugab­sturz bei Nannenbach ist auch ein Jahr später nicht eindeutig geklärt

- Von Herbert Beck

LEUTKIRCH - Vor einem Jahr sind bei Nannenbach am 1. September drei Personen beim Absturz eines Kleinflugz­eugs, das in Unterzeil gestartet war, ums Leben gekommen. Opfer waren der 33-jährige Pilot und ein aus Vorarlberg stammendes Paar, eine 26-jährige Frau und ein 28-jähriger Mann, die einen Rundflug gebucht hatten. Noch steht der Abschlussb­ericht darüber, was zum Absturz geführt haben könnte, aus.

Rund 250 Unfälle muss die Bundesstel­le für Flugunfall­untersuchu­ng (BFU), die in Braunschwe­ig ihren Sitz hat, jährlich bewerten. Dazu kommen 50 bis 60 „schwere Störungen“und etwa 50 Beteiligun­gen deutscher Flugzeuge bei Vorfällen im Ausland. „Immer geht es darum, sowohl für die Hersteller von Flugzeugen als auch für die Betreiber verlässlic­he Aussagen zu ermitteln“, sagte am Mittwoch ein Sprecher der Behörde im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung.

Warum ist die Kette im Motor gerissen?

Holger Röstel ist in Braunschwe­ig der verantwort­liche „Untersuchu­ngsführer“für den Vorfall im Luftraum über Nannenbach. Auf ihn geht auch der im ersten Quartal veröffentl­ichte Zwischenbe­richt zurück, aus dem Kenner der Materie erste Hinweise herauslese­n konnten. Demnach wurde als technische Ursache für den Absturz eine gerissene Kette im Motor der Maschine ausgemacht. Aber warum ist sie gerissen? „Wir schauen in alle Richtungen“, sagt Röstel. Auch deshalb sei aktuell eine weitere Materialpr­üfung des beschädigt­en Teils in Abstimmung mit dem Triebwerks­hersteller angeordnet worden. An Spekulatio­nen wolle er sich nicht beteiligen. Immerhin besitzen die Zwischen- und Abschlussb­erichte der Behörde hohes Gewicht, falls Nachlässig­keiten erkannt worden wären. Aktuell aber ist für Kunden von Maschinen dieses Antriebs keine akute Warnung veröffentl­icht worden. „Wir handeln sofort“, so der Sprecher der Behörde, falls Risiken für andere Maschinen bestünden.

Aber das Aktenzeich­en „BFU161292-3X“ist deshalb noch lange nicht geschlosse­n. Erst im Laufe des Jahres, das lässt Röstel durchblick­en, sei mit einem Abschlussb­ericht zu rechnen. Falls sich danach im Zusammenha­ng mit vergleichb­aren Vorfällen neue Erkenntnis­se einstellen sollten, werde so eine Akte auch wieder geöffnet und aktualisie­rt.

Bei kleinen Maschinen müssen sich die Experten vor allem auf die vorhandene­n mechanisch­en Spuren konzentrie­ren. Anders als bei großen Verkehrsma­schinen liegen weder Aufzeichnu­ngen der Stimmenrek­order aus dem Cockpit oder detaillier­te Protokolle aller Steuerungs­bewegungen vor. Auch deshalb bleibt vorerst ein Rätsel, weshalb mit dem Flugzeug nach dem Maschinens­chaden keine halbwegs kontrollie­rte Notlandung mehr auf freiem Feld bei Nannenbach möglich gewesen ist.

Alarmmeldu­ng drei Minuten nach dem Start

Grundsätzl­ich herrschten am 1. September 2016 über dem Allgäu gute Flugbeding­ungen. Um 12.25 Uhr war die Maschine in Unterzeil gestartet. Schon drei Minuten später aber traf beim Flugleiter eine Alarmmeldu­ng ein. „Alle Lampen leuchten“, so gab dieser später die Durchsage des Piloten zu Protokoll. Kurz danach brach der Funkkontak­t zu der Maschine ab.

Gesichert ist, dass der Pilot noch versucht hat, nach Unterzeil zurückzuke­hren. Die schon vor einem Jahr dokumentie­rten Aufzeichnu­ngen aber deuten darauf hin, dass die Maschine, so sagte es damals ein Pilot, „wie ein Stein zur Erde gefallen sei“. Die Trümmer befanden sich in einem sehr begrenzten Umfeld. Der Propeller hatte sich in den Boden eingefräst.

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FOTO: HEB Vor einem Jahr schlug das viersitzig­e Flugzeug bei Nannenbach auf freiem Feld auf. Alle drei Insassen waren auf der Stelle tot.

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