Schwäbische Zeitung (Wangen)

Obstbauern rechnen mit einer Drittel-Ernte

Landwirte holen Birnen und Äpfel ein – Jetzt zeigen sich Folgen des extremen Frostes im April

- Von Dirk Augustin

KREIS LINDAU - Die Obstbauern werden in den kommenden Wochen wohl nur etwa ein Drittel der sonst üblichen Erntemenge­n einbringen. Darauf lassen die ersten Erntetage schließen, wie Martin Nüberlin berichtet. Der Sprecher der Obstbauern vom bayerische­n Bodensee ist deshalb enttäuscht von der Politik.

Der Freistaat habe zwar grundsätzl­ich finanziell­e Hilfen zugesagt, aber auch mehr als vier Monate nach dem Frost wissen die betroffene­n Bauern noch nicht, auf wie viel Geld sie hoffen können. Außerdem klagen die Landwirte über hohe bürokratis­che Hürden, bis sie im kommenden Jahr vielleicht mal Geld sehen. Auch dass sich kein Verantwort­licher, weder Bayern Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner noch sein Berliner Kollege Christian Schmidt vor Ort selbst ein Bild gemacht hat, obwohl die Lindauer Obstbauern alle mehrfach eingeladen haben, enttäuscht Nüberlin und seine Kollegen. Zu Dritt machen sich die Lindauer Landwirte deshalb an diesem Freitag nach Kempten auf, wo sie Schmidt am Rande eines Wahlkampft­ermins sprechen wollen.

Vor Ort könnten die Verantwort­lichen am besten sehen, wie verworren die Lage ist. Nüberlin berichtete, dass die Ernteausfä­lle sehr unterschie­dlich sind: „In Lindau-Ost sieht es besser aus als in Lindau-West.“Zudem seien die Sorten unterschie­dlich betroffen. Nüberlin spricht aus eigener Erfahrung: In Oberhochst­eg hat er eine Anlage mit Williams-Birnen, aus denen er in normalen Jahren 25 Tonnen holt, heuer nur neun Tonnen. Auf seiner Anlage in Rehlings, die in normalen Jahren 30 Tonnen Williams-Birnen bringen, waren es heuer sogar nur 900 Kilogramm. „So unterschie­dlich ist das.“

Nüberlin hofft, dass auf den Maisfelder­n wieder Obst reift

Abernten müssen die Bauern alle Anlagen, egal ob dort viel hängt oder nicht. „Wir holen jede Frucht“, auch wenn in vielen Anlagen heuer die Pflückkost­en wahrschein­lich höher liegen werden als die Verkaufser­löse.

Nüberlin hofft nun, dass sich bei den Äpfeln der erste Eindruck bestätigt und die Ergebnisse bei Elstar und Gala halbwegs gut ausfallen. Auch da müssten die Kunden aber wohl damit leben, dass Früchte äußerlich Schäden zeigen. Auf den Geschmack habe das aber keinen Einfluss, versichert der Sprecher der Obstbauern.

Nüberlin weiß, dass einige Kollegen angesichts der Lage sich ernsthaft Gedanken um die Zukunft machen: „Da gibt es Angstsitua­tionen.“Er hofft deshalb, dass sich die Politik auch in Deutschlan­d für eine Allgefahre­nversicher­ung stark macht.

Solch eine Versicheru­ng würde die EU fördern und sie gibt es schon in anderen Ländern , um Landwirte gegen die Folgen von Hagel, Frost und andere Naturereig­nisse zu schützen. „Wenn man uns erhalten will, dann muss man darüber nachdenken“, sagt Nüberlin und verweist auf Kollegen, die im Frühjahr schon auf die Schnelle alte Obstanlage­n abgerissen und Mais ausgebrach­t haben, weil das eine schnelle und sichere Ernteeinna­hme verspricht. Nüberlin hofft, dass dies nur kurzfristi­g bleibt, so dass in zwei Jahren dort wieder Äpfel und Birnen blühen. Für das Landschaft­sbild am Bodensee wäre es wichtig.

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FOTO: DIK Mehrere Landwirte haben im Frühjahr Obstanlage­n rausgeriss­en und stattdesse­n Mais gepflanzt. Möglichst sollen dort bald aber wieder Äpfel oder Birnen reifen.

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