„Der Umweltfrevel kotzt mich an“
Vogter Familie findet beim Pilzesammeln zwischen Vogt und Waldburg einen Schrottplatz
VOGT - Über eine illegale Müllkippe mitten im Wald, zwischen Vogt und Waldburg, ist Alexander Teise gestolpert. Buchstäblich. Beim Pilzesammeln mit seinen Kindern. Nun fragt sich, wer die Unmengen an Rohstoffen, Unrat und Plastik entsorgen soll. Ein Besuch bei Teise, den man getrost als Umweltaktivisten bezeichnen kann, macht deutlich: Es liegt noch mehr im Argen.
Teise schüttelt ein ums andere Mal mit dem Kopf, während er unter jungen Trieben, Tannennadeln und totem Holz immer noch weitere „Schätze“aushebt. Hier zieht er an einer Plane, die fast zur Gänze unter dem Waldteppich verschwunden ist, dann kommt ein Federkernrahmen zum Vorschein, rostig natürlich, dort das Gerippe eines alten Kinderwagens. Und sobald sich die Augen an das Grün und Braun des Waldes angepasst haben, sieht man Ränder von Eimern, Altölkanister und Flächenhälse aufragen. Dazwischen gammeln Eternitplatten. Und neben einer alten Milchkanne und anderem Hausrat finden sich auch Stacheldrahtknäuel, mit denen man locker eine Kuhweide einzäunen könnte.
Rückblick: An Kuhweiden und Silage-Ballen vorbei, über einen Schotterweg, irgendwo im Nirwana zwischen Vogt, Waldburg und Neuwaldburg, ist Alexander Teise am Montagabend mit seinen Kindern im Wald unterwegs. Die drei wollen Pfifferlinge sammeln, seit Jahren eine Familientradition, bei der die 22jährige Elena und der 19-jährige Tim immer noch mitziehen. Und die beiden erwachsenen Kinder sind ebenso entsetzt wie der 49-Jährige, als sie keine 20 Meter vom Waldrand entfernt anstatt auf Maronenröhrlinge auf die ersten Abfälle stoßen. Teise, der in Vogt seit Jahren als „Öko-Aufräumer“bekannt ist, hat selbstverständlich einen Sack dabei. Um jederzeit irgendwo achtlos hingeworfenen Unrat einsammeln zu können. Aber je mehr die drei mit den Füßen scharren, hier und dort an einer Plastikplane ziehen und sich weiter ins Dickicht vorarbeiten, desto mehr wird das Ausmaß der Schweinerei sichtbar. Und Alexander Teise wird klar: Das können wir alleine nicht einsammeln und entsorgen.
Geschätzt ein knappes halbes Fußballfeld groß dürfte die Fläche sein, auf der ein Umweltsünder Müll abgeladen hat. Vermutlich mit einem Laster oder einem Anhänger. Denn welche Menge sich noch unter dem Wildwuchs befindet, das kann man nur spekulieren. „Wahrscheinlich sehen wir nur etwa ein Drittel des Mülls und zwei Drittel liegen unter der Oberfläche“, sagt Teise und schätzt, man werde zwei bis drei Lastwagen oder Kipperladungen abfahren müssen. Was ihn auch umtreibt: Wie kann diese Müllhalde so Lange unbemerkt geblieben sein? Haben Forstarbeiter nichts bemerkt? Hat kein Spaziergänger auf dem Waldweg unweit je etwas wahrgenommen?
Mehrere Lastwagenladungen
„Ich will keine Müllberge in unseren Wäldern“, sagt Teise mit Nachdruck. Nicht im Wald und auch sonst nirgendwo. Nicht in seiner Heimatgemeinde Vogt und auch nicht, wenn er in Kroatien im Urlaub ist. Deshalb ist der Betreiber eines Baustoffhandels und Hersteller von Öko-Ofenanzündern (aus Wachsresten) sich auch nicht zu schade, immer und überall selbst Hand anzulegen, wenn er auf Müll trifft. „In jedem unserer Firmenfahrzeuge haben wir immer Raweg-Säcke liegen. Und oft halte ich an der Straße an, wenn ich Abfall im Straßengraben liegen sehe“, erklärt Teise.
25-Punkte-Plan an Bürgermeister
Dass die jährliche Dorfputzete in Vogt nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, das stört ihn. Ebenso, wie wenn Tiere an Plastikmüll verenden, Flüsse vergiftet werden. „Der Umweltfrevel kotzt mich an“, hat er unlängst in einem Leserbrief geschrieben. Und ist auf ungeahnte Resonanz gestoßen bei Menschen, die wie er nicht tatenlos zusehen wollen. Damit sich in Vogt, also direkt vor seiner Haustüre, etwas bewegt, hat er sogar einen 25-Punkte-Plan direkt an den Bürgermeister geschickt. Vor zwei Jahren. Der Plan heißt „Natürlich Vogt“und plädiert unter anderem für „Rohstoff-Annahmestellen“in der Gemeinde, bei der kostbare Ressourcen getrennt und sogar Möbel, Spielwaren oder Geräte aufgearbeitet und wiederverwertet werden könnten. „Nachhaltigkeit“, das ist seine Devise.
Beim örtlichen Polizeiposten in Vogt hat Teise umgehend Bescheid gegeben, sogar mit zwei Beamten „eine Begehung des Tatorts“gemacht, wie er schelmisch sagt. Allein: Ganz augenscheinlich ist die Müllsünde schon vor Jahren begangen worden. Und der Verursacher wird wohl nicht mehr ausfindig gemacht werden können, bescheidet der zuständige Sachbearbeiter bei der Polizei in Vogt. Außerdem seien Ordnungswidrigkeiten nach drei bis sechs Monaten verjährt, Straftaten wie kleinere Umweltdelikte könnten nur innerhalb von drei Jahren geahndet werden. Die Polizei hat den Förster bereits verständigt und werde nun den Eigentümer des betreffenden Waldstückes ausfindig machen und darum ersuchen, den „ordnungswidrigen Zustand“zu beseitigen.