Kretschmann: „Artenschutz ist keine grüne Spielwiese, sondern eine echte Menschheitsfrage“
350 Bürger beim Wahlkampfabend der Grünen in der Waldorfschule in Wangen – Proteste gegen Autobahnlärm und Flächenverbrauch
WANGEN (swe) – Seit sechs Jahren ist er Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg. Am Freitagabend kam Winfried Kretschmann allerdings nicht als Landeschef, sondern als prominienter Wahlkampfhelfer für Bundestagskandidatin Agnieszka Brugger nach Wangen, um im Waldorfsaal über die Herausforderung grünen Regierens und die Notwendigkeit von konsequentem Klimaschutz und nachhaltiger Politik zu referieren. Mit Plakaten, die auf die Problematik der lärmgeplagten Anwohner der A 96 und den Flächenverbrauch hinwiesen, machten auch Bürger auf sich aufmerksam. Brugger hob vor dem moderierten KretschmannGespräch auch die Chancen in den Herausforderungen hervor.
Freitagabend, kurz nach 19 Uhr: Im grünen Wahlkampfauto rollt Winfried Kretschmann mitsamt seinem Tross vor der Waldorfschule an. Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger begrüßt ihn herzlich. Vor der Tür, haben sich aber auch die Waltershofener Roland Merk und Armin Kohler postiert. Sie erinnern auf ihrem Banner an die nicht zustande gekommene, dauerhafte Geschwindigkeitsreduzierung auf der A 96 und machen ihrem Ärger Luft. Trotz Verspätung bleibt Kretschmann kurz stehen. „Das ist nicht an uns gescheitert“, sagt Brugger und erinnert an das Vorgehen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Drinnen im Saal warten an die 350 Zuhörer. Unter ihnen auch Oberbürgermeister Michael Lang, der wenig später den Ministerpräsidenten willkommen heißt und ihn bereits jetzt zur Eröffnung der Landesgartenschau 2024 einlädt – ungeachtet der Tatsache, ob er noch im Amt sei oder privat komme: „Dann sitzen wir eben aufs Rentnerbänkle.“
Ein Viertelstunde lang erzählte Agnieszka Brugger über grüne Politik. Durch die grün geführte Landesregierung seien Umwelt und Klimaschutz ins Zentrum gerückt: „Sie sind die zentrale Herausforderung.“ In Zeiten häufig schlechter Nachrichten stellte sie die aus ihrer Sicht positiven in den Vordergrund. Wie beispielsweise das Pariser Klimaschutzabkommen. Für Unterstützenswert hält sie vieles, wie nachhaltig und verantwortungsbewusst handelnde Landwirte, Unternehmer, für die Klimaschutz und Wirtschaft kein Widerspruch ist oder Menschen, die sich um Integration und ein gutes Miteinander kümmern. Dann aber betrat Winfried Kretschmann die Bühne, nahm Platz auf der roten Couch – umrahmt von gelben Sonnenblumen.
So genau konnte er im Gespräch mit der Politikwissenschaftlerin Annette Goerlich nicht beantworten, warum er in die Politik gegangen ist: „Das ist halt so und war eigentlich mehr Zufall.“Deutlich ernster wurde es danach, als Kretschmann Fragen zu einer neuen Wirtschaftsordnung, der Wirtschaft und ihrer Veränderung in Baden-Württemberg allgemein oder den Natur- und Artenschutz zu beantworten hatte. Kretschmann sprach davon, dass „ökologisches Denken auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann“, „eine Regierung die Unternehmen durch viele begleitende Maßnahmen unterstützen kann“oder das ökologische Netz die Lebensgrundlage menschlichen Daseins sei: „Artenschutz ist keine grüne Spielwiese des Ministerpräsidenten, sondern eine echte Menschheitsfrage.“