Merkel will EU-Beitritt der Türkei stoppen
Infolge des TV-Duells kündigt die Kanzlerin einen deutschen Vorstoß im Oktober an
BERLIN/BRÜSSEL (dpa) - Vier Tage nach der Festnahme eines deutschen Ehepaars mit türkischen Wurzeln im Urlaubsort Antalya ist die Frau am Montag wieder freigelassen worden. Eine Entspannung in den deutschtürkischen Beziehungen zeichnet sich aber trotzdem nicht ab – im Gegenteil. Äußerungen von SPD-Chef Martin Schulz im TV-Duell sowie die folgende Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), in der Europäischen Union für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eintreten zu wollen, sorgten in Ankara für Empörung.
„Im Moment kehrt Europa zu den Werten von vor dem Zweiten Weltkrieg zurück“, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Dabei handele es sich um „Brutalität, ebenso Faschismus und Gewalt, Intoleranz und gegenseitige Vernichtung“. Das Außenministerium warnte vor Populismus jener Politiker, „die uns während der Flüchtlingskrise nachgerannt sind, damit wir die EU vor einem großen Chaos retten“. Merkel gilt als Architektin des EUTürkei-Flüchtlingsabkommens.
Im Fernsehduell hatte Kanzlerkandidat Schulz den Abbruch der seit 2005 laufenden EU-Beitrittsverhandlungen gefordert. Merkel kündigte nun am Montag an, einen solchen Schritt beim EU-Gipfel in Brüssel im Oktober zu thematisieren. Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß.