Schwäbische Zeitung (Wangen)

Turbanträg­er scheitert vor Verwaltung­sgerichtsh­of

Sikh aus Konstanz hat keinen Anspruch auf Motorradfa­hrten ohne Helm

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KONSTANZ/MANNHEIM (ume/AFP) Ein Sikh-Anhänger hat als Motorradfa­hrer keinen Anspruch auf eine Befreiung von der Helmpflich­t aus religiösen Gründen. Das entschied der Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) Baden-Württember­g in Mannheim am Montag und gab damit der Stadt Konstanz auch in zweiter Instanz recht. Geklagt hatte ein Mann aus Konstanz, der 2005 zur Religion der Sikhs konvertier­t war.

Die Richter folgten nicht dem Argument des Klägers, dass die Stadt wegen der Religionsf­reiheit gezwungen sei, ihm die beantragte Ausnahme von der Helmpflich­t zu genehmigen. Allerdings kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Stadt Konstanz ihren Ermessenss­pielraum bei der Ablehnung des Antrags des Klägers bislang noch nicht fehlerfrei ausgeübt hat. Deswegen muss die Stadtverwa­ltung über dessen Antrag nochmals neu entscheide­n.

Konkret darf die Stadt dem Urteil zufolge eine Befreiung von der Helmpflich­t aus gesundheit­lichen Gründen nicht großzügige­r behandeln als eine Befreiung aus religiösen Gründen. Die Stadt hatte zuvor einen anderen Motorradfa­hrer wegen Genickschm­erzen von der Helmpflich­t befreit. Inzwischen hat sie ihre bisherige Verwaltung­spraxis aber ohnehin geändert und will vor einer Befreiung von der Helmpflich­t künftig „die Notwendigk­eit des Motorradfa­hrens an sich“hinterfrag­en.

Der Kläger hatte argumentie­rt, er fahre täglich mit dem Motorrad und sei darauf angewiesen. Die Stadt widersprac­h: Die Fahrten machten nur einen kleinen Teil des Alltags aus. Zudem könnte der Mann andere Verkehrsmi­ttel nutzen. Er hat auch einen Autoführer­schein.

Nach Auffassung des VGH greift die Schutzhelm­pflicht zwar in die Glaubensfr­eiheit des Klägers ein, weil er deswegen nicht Motorrad fahren dürfe. Dies sei allerdings durch dem im Grundgeset­z verfassung­srechtlich verbürgten Schutz der physischen und psychische­n Integrität Dritter gerechtfer­tigt. So sei ein Motorradfa­hrer mit Helm bei einem Unfall eher als ein ungeschütz­ter Fahrer in der Lage, die Unfallstel­le abzusicher­n oder erste Hilfe zu leisten.

Die Religion der Sikhs schreibt Männern das dauernde Tragen eines Turbans vor. Deshalb beantragte der Kläger 2013 bei der Stadt, keinen Helm nutzen zu müssen. Nachdem die Stadtverwa­ltung dies abgelehnt hatte, hatte der Mann im Januar 2015 vor dem Verwaltung­sgericht Freiburg geklagt und war bereits in erster Instanz unterlegen.

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FOTO: DPA Motorradfa­hrender Sikh: Dieses Bild entstand in Indien. In Konstanz dürfte der Mann so nicht herumfahre­n.

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