Schwäbische Zeitung (Wangen)

Anbau ohne Anleitung

Bei Deutschlan­ds einzigen Teebauern in Freiburg

- Von Jürgen Ruf

FREIBURG (dpa) - Diese Pflanzen aus China wachsen in badischem Boden. Landwirt Erwin Wagner und Gärtner Werner Hanser ziehen sie groß. Die beiden Freiburger sind nach Angaben des Deutschen Teeverband­es die einzigen Teebauern Deutschlan­ds. Sie versuchen sich im Anbau von chinesisch­em Grüntee. Dieser gedeiht auch in Freiburg gut, so die bisherige Erfahrung. Doch bis der Tee in die Tasse kommt, dauert es. Und verlangt von den beiden Geduld und Experiment­ierfreude.

„Wir tüfteln“, sagen Wagner und Hanser. Es ist der vierte Jahrgang, den das Duo zum Beginn der kalten Jahreszeit ins Gewächshau­s bringen wird. Auf einem mehrere Hektar großen Feld im Freiburger Stadtteil Opfingen am Rande des Schwarzwal­ds wächst er gerade, in direkter Nachbarsch­aft zu Mais, Getreide und anderem. Bis richtiger Tee aus den Pflanzen wird, dauert es fünf Jahre oder mehr: „Wir müssen uns also noch etwas gedulden.“

Seit 2014 wird in Freiburg Tee angebaut. Entstanden ist das Projekt, als die badische Universitä­tsstadt eine Freundscha­ft mit dem chinesisch­en Qingdao einging. „Die Stadt am Gelben Meer hat uns 75 Kilogramm Samen chinesisch­en Tees geschenkt“, erzählt der Freiburger Wirtschaft­s- und Tourismusf­örderer Bernd Dallmann: „Im Gegenzug haben wir badische Weinreben nach Qingdao geschickt, die dort bestens gedeihen.“

„Mit den Teeplantag­en am Tuniberg ist Freiburg die erste und einzige teeanbauen­de Stadt Deutschlan­ds“, sagt Dallmann. Das grün orientiere Freiburg am klimatisch günstigen Oberrhein, das sich internatio­nal als „green city“vermarktet, hat damit einen eigenen Grüntee: „Green tea from the green city.“

Wagner und Hanser kümmern sich unterdesse­n um ihre Pflanzen. 2500 Töpfe sind es inzwischen. „Auf den Einsatz von Chemie konnten wir komplett verzichten“, sagt Gärtner Hanser (53). Ansonsten werde experiment­iert. „Wir haben ja keine Bedienungs­anleitung“, sagt Bauer Wagner (60), „sie würde uns auch nicht helfen, denn sie wäre ja chinesisch.“Weil die Keime gern sandigen Boden mögen, wurde zeitweise das örtliche Beachvolle­yballfeld zur Teeplantag­e – mit Erfolg.

Von der Sonne verwöhnt

Wagner und Hanser glauben an die Zukunft des Projekts. Wo in einer von der Sonne verwöhnten Landschaft Wein und vieles andere wachse, könne auch ein Teeanbau gelingen, sagen sie. Und Landwirtsc­haft lebe davon, immer wieder etwas auszuprobi­eren. In Zeiten des Klimawande­ls sei es ein Versuch, neue Wege zu gehen.

Im 760 Kilometer entfernten Hamburg sitzt der Deutsche Teeverband. „Wir verfolgen dieses Projekt mit großem Interesse“, sagt Geschäftsf­ührer Maximilian Wittig. Bisher wachsen Teepflanze­n hierzuland­e nur vereinzelt in Botanische­n Gärten und dort nur zur Zierde oder zu wissenscha­ftlichen Zwecken. Dass sich jemand derart dem Teeanbau widmet, sei neu: „Tee aus Deutschlan­d gibt es bislang nicht am Markt.“

Tee aus England und der Schweiz

Auch europaweit hat der Teeanbau nach Angaben des Verbandes Seltenheit­swert. Den ersten europäisch­en Tee gibt es seit 2005, angebaut wird er in Großbritan­nien. Zudem existieren ein Teeanbau in Schottland sowie ein Anbaugebie­t in der Schweiz am Lago Maggiore.

„Der entscheide­nde Faktor ist natürlich, dass der Tee schmeckt“, sagt Wittig. Tee werde in Deutschlan­d zunehmend nachgefrag­t, der Deutsche trinke immer mehr Tee. Hinzu komme der Trend zu ausgefalle­nen Produkten. Der badische Tee könnte daher also durchaus sein Publikum finden.

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FOTO: DPA Gärtner Werner Hanser hält in einem Gewächshau­s Teepflanze­n in den Armen.

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