Schwäbische Zeitung (Wangen)

Verbote, die kaum einer kennt

In der Hörnergrup­pe darf man auf mancher Strecke gar nicht radeln – Andernorts ist es verboten, Hunde frei laufen zu lassen

- Von Ulrich Weigel

OBERALLGÄU - Die einen scheren sich einen Kehricht um Verbote, andere kennen sie nicht einmal: Zelten am Bergsee oder Mountainbi­ken auf bestimmten Wegen im Hörnergebi­et – einiges ist tabu. Das gilt auch, wenn Pilze- und Beerensamm­ler etwa oberhalb des Aubachtals am Straßenran­d parken. Doch was man wo darf, können Naturgenie­ßer nicht auf die Schnelle im Internet feststelle­n. Wenn sie überhaupt an Landschaft­sschutzgeb­iete (LSG) denken.

Vielleicht finden Interessie­rte die LSG-Karten im „Bayernatla­s“(www.geoportal.bayern.de). Konkrete Vorschrift­en sucht man oft vergeblich und müsste im Landratsam­t oder Rathaus nachfragen. Plant jemand etwa samstags wegen des superschön­en Wetters kurzfristi­g eine Übernacht-Tour, ist in den Behörden aber niemand da.

Aufmerksam­keit erregte das Landratsam­t Oberallgäu zuletzt, als das Zelten an Bergseen überhandna­hm und Bußgelder verhängt wurden. Das Zelten ist in Naturschut­zgebieten der Hochalpen verboten. Nur das einfache Biwakieren in alpinem Gelände ist in Felsnähe erlaubt, um Bergsteige­rn mehrtägige Touren zu erleichter­n. In manchem Schutzgebi­et ist auch „Lagern“verboten. Das heißt laut Christian Schiebel vom Landratsam­t: Etwas in der Sonne zu liegen, ist in Ordnung, über Nacht zu bleiben aber tabu – auch wenn man ohne Zelt auf der Isomatte schläft.

Das Oberallgäu hat 23 Landschaft­sschutzgeb­iete mit verschiede­nen Verordnung­en: Das Aufstellen von Wohnwägen ist oft verboten, manchmal sind zudem Wohnmobile genannt. Was laut Landratsam­t wohl vom Alter der Regelungen abhängt. Manche stammen aus einer Zeit, in der Wohnmobile selten waren. Wer sich auf den Text der Verordnung beruft, fährt mit dem Wohnmobil womöglich wohin, wo nur Wohnwagen verboten sind. Doch das Landratsam­t sagt, dass die Verordnung­en von „Sinn und Zweck“her auch Wohnmobile meinen. In der Praxis seien die Wege ohnehin meist gesperrt.

Dauerbrenn­er Mountainbi­ke: Das Radeln ist zum Beispiel in den Schutzgebi­eten von Hörnergrup­pe und Nagelfluhk­ette „auf unbefestig­ten Wegen unter zwei Metern Breite“verboten. Doch laut Revierförs­ter Hubert Heinl weiß das kaum ein Mountainbi­ker. Es gebe sogar Planer, die Trails (also Geländestr­ecken) in Gebieten vorschlage­n, in denen das nach geltendem Recht nicht geht.

Auf den richtigen Weg lenken

Angesichts des Mountainbi­ke- und E-Bike-Booms hält es Heinl für richtig, wenn Kommunen Radstrecke­n herrichten und ausweisen, auf anderen aber Verbote gelten. Gegebenenf­alls müsse man zudem manche Verordnung ändern. Gleichwohl sehen Forstler die Sache realitätsb­ezogen: Wenn man schon nicht alle Radler abhalten kann, ist es besser, sie wenigstens auf den richtigen Weg zu lenken. Auf der Strecke vom Bolgengrat zur Prinschenh­ütte etwa richteten Fußgänger und Radler beim Durchquere­n eines Moores Schaden an. Der Forstbetri­eb legte daraufhin einen schmalen Weg an.

Mountainbi­ken in Verbotsber­eichen? Es reiche eigentlich nicht, nur Trails auszuweise­n, sieht es Schiebel ähnlich. Man müsste eventuell Verordnung­en anpassen. Was jedoch einen Rattenschw­anz zur Folge hätte: neuer Verordnung­stext, Begründung, Anhörung von Umweltverb­änden, politische Diskussion, Kreistagsb­eschluss und öffentlich­e Bekanntgab­e. Grundprobl­em: Was immer man mache, könne in zwei Jahren überholt sein, sagt Schiebel. „Vielfach werden Verbote von der Realität überholt.“Das Canyoning ist Beispiel für einen Trendsport, der in LSG-Verordnung­en nicht auftaucht. Der Ostertalto­bel sei zeitweise völlig überlaufen, sagt Förster Heinl. Mit heimischen Anbietern habe man vereinbart, zu welchen (Brut-)Zeiten sie dort auf Aktivitäte­n verzichten sollen. Doch längst kämen eben auch etliche von weiter her.

Aktueller Kurs des Landratsam­ts Oberallgäu: Man will nicht päpstliche­r sein als der Papst. Gibt es kein Problem, könne man über Verstöße hinwegsehe­n, sagt Schiebel. „Wir entscheide­n, was wir verfolgen.“Man setze Schwerpunk­te und könne nicht die gesamte Fläche kontrollie­ren.

Das Zelten ist in Naturschut­zgebieten der Hochalpen verboten.

Grundprobl­em: Was immer man mache, könne in zwei Jahren überholt sein, sagt Christian Schiebel vom Landratsam­t zur Diskussion.

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