UN rechnet mit mehr als tausend Toten in Myanmar
Nach den Kämpfen zwischen der Rohingya-Minderheit und Sicherheitskräften steigt die Zahl der Flüchtlinge
SEOUL (AFP/dpa/epd) - Bei den schweren Kämpfen in Myanmar sind womöglich mehr als doppelt so viele Menschen getötet worden wie bisher offiziell bestätigt. Die Regierung habe die Zahl „höchstwahrscheinlich unterschätzt“, sagte die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte in Myanmar, Yanghee Lee, am Freitag. Zugleich erhöhte sich die Zahl der binnen zwei Wochen registrierten Flüchtlinge nach Angaben der UN von 164 000 auf mehr als 270 000.
„Wahrscheinlich sind rund tausend oder mehr schon tot“, sagte die UN-Sonderbeauftragte unter anderem unter Verweis auf Berichte von Augenzeugen. Die meisten Todesopfer seien Mitglieder der muslimischen Rohingya-Minderheit. Sie habe „unglücklicherweise“keinen Zugang, um die Zahlen zu überprüfen. Sie fürchte, dass es „eine der schlimmsten Katastrophen werden könne, die die Welt und Myanmar in den vergangenen Jahren gesehen haben“.
Nach Angaben der Behörden wurden bislang 432 Menschen bei den schweren Kämpfen zwischen Armee und Rohingya-Rebellen getötet, darunter 387 Rebellen, rund 30 Zivilisten und 15 Sicherheitskräfte. Am Donnerstag teilten die Behörden mit, 6600 Häuser von Rohingya und 201 Häuser von Nicht-Muslimen seien bislang niedergebrannt worden. Am Mittwoch seien mindestens 300 Boote aus Myanmar in Bangladesch angekommen. Viele Menschen ertranken auf der Flucht, unter ihnen viele Kinder. Das verarmte Bangladesch ist mit der Unterbringung der vielen Flüchtlinge völlig überfordert.
Im westlichen Bundesstaat Rakhine liefern sich Armee und RohingyaRebellen seit dem 25. August schwere Kämpfe. Die Rohingya gelten als eine der am meisten verfolgten Minderheiten der Welt. Weite Teile der buddhistischen Mehrheit in Myanmar betrachten sie als illegale, staatenlose Einwanderer aus Bangladesch, obwohl viele der Rohingya seit Generationen in Myanmar leben.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte, Myanmar müsse den Hilfsorganisationen einen unbegrenzten Zugang zu den betroffenen Gebieten ermöglichen. Er verwies auf eine Einigung zwischen der Regierung von Myanmar, den Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), wonach das IKRK in den kommenden zwei Wochen die humanitäre Hilfe sicherstellen soll. Deutschland ist über den zentralen Nothilfefonds der UN (CERF) an der humanitären Hilfe für die Betroffenen in Bangladesch beteiligt.
Die Caritas hat ihre Nothilfe gestartet. Die Hilfesuchenden würden unter anderem mit Lebensmitteln, Trinkwasser und Küchenutensilien versorgt, teilte die Hilfsorganisation am Freitag in Freiburg mit.
Kritik an Nobelpreisträgerin
Suu Kyi steht wegen der Unterdrückung der muslimischen RohingyaMinderheit zunehmend in der Kritik: Hunderttausende Menschen unterzeichneten bereits eine Online-Petition mit der Forderung, ihr den Friedensnobelpreis wieder abzuerkennen. „Ich bin sehr enttäuscht von ihrer Haltung“, sagte der frühere Direktor des norwegischen Nobel-Instituts, Geir Lundestad, am Freitag. „Sie sieht dies einfach nur als eine Frage von Terrorismus, und sie hat keine Bemühungen unternommen, in dieser sehr schwierigen Lage eine politische Lösung zu finden.“Ihre Auszeichnung aus dem Jahr 1991 könne Suu Kyi gemäß den Statuten der Nobel-Stiftung aber nicht aberkannt werden, betonte er.