20-Jährigen auf der Piste mit Skistock verletzt
Streit nach Überholmanöver eskaliert – 48-Jähriger wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt
SONTHOFEN - Oft sind es nur Sekundenbruchteile, die auf einer Skipiste darüber entscheiden, ob ein Überholmanöver glückt oder es zu einem folgenschweren Zusammenprall kommt. Je mehr Wintersportler sich in den Skigebieten tummeln, desto häufiger wird es eng. Geraten die Beteiligten nach dem Vorfall aneinander, landen die Fälle vor dem Richter. Ein 48-Jähriger war jetzt am Amtsgericht Sonthofen wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf dem Familienvater vor, im Februar einen Duracher (20) gezielt mit dem Skistock verletzt zu haben, weil dieser seinen siebenjährigen Sohn riskant überholt hatte. Am Ende wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Im „Rennfahrerstil“gerast
Bei der Einschätzung des Überholmanövers im Skigebiet GunzesriedOfterschwang gingen die Schilderungen des 48-jährigen Familienvaters und des 20-jährigen Studenten ebenso weit auseinander wie ihre Aussagen zu der späteren Auseinandersetzung. „Ich bin mit zwei Metern Abstand an dem Kind vorbeigefahren“, sagte der 20-Jährige. „Ich bin Skilehrer und weiß, dass Kinder unkontrollierte Bewegungen machen können.“Er stehe Hundert Mal im Jahr auf der Piste und habe bei der geringen Geschwindigkeit alles unter Kontrolle gehabt. Der Vater hingegen wollte beobachtet haben, wie der junge Mann im „Rennfahrerstil“über die Skier seines siebenjährigen Kindes raste. „Es war haarscharf – mein Sohn wäre tot gewesen.“
Gegenstand der Anklage war aber, was nach dem Überholen geschah: Unstrittig ist, dass der 20-Jährige durch den Skistock des Angeklagten an der Schulter verletzt wurde. Die Narbe zeigte der junge Mann der Richterin. Der Stock hatte ein Loch in die Skijacke gerissen und eine offene Wunde hinterlassen. Doch wie war es dazu gekommen? Der Angeklagte erzählte, er habe sich weggedreht, um sich zu schützen – dann sei es zu einem Kontakt mit den Stöcken gekommen. „Ich habe geschrien und die Arme vors Gesicht genommen“, sagte der Angeklagte. „Ich habe gedacht, der fährt mein Kind tot und bringt uns alle um.“Das Opfer hingegen berichtete, zwei Meter an dem Mann vorbeigefahren zu sein, als er plötzlich von einem Stock getroffen wurde, der von einem ausgestreckten Arm geführt wurde.
„Ich hab den Stock erst im letzten Moment gesehen“, erzählte er im Zeugenstand. „Ich bin im ersten Moment davon ausgegangen, dass es unabsichtlich war – und war dann überrascht von der Reaktion.“Erst als er den Mann deswegen zur Rede stellen wollte und dieser mit einer Flut von Beschimpfungen reagierte, habe er auf den Grund des Stockstichs schließen können. „Dann war klar, dass er mir einen Denkzettel verpassen wollte.“Der 48-Jährige war auch wegen Beleidigung angeklagt, die er einräumte. „Ich habe wie ein Rohrspatz geschimpft und ihn unfein tituliert.“
„Es mag Rowdys auf der Piste geben, aber man muss andere Wege finden zu reagieren“, sagte Richterin Brigitte Gramatte-Dresse. Schließlich entschied sie, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage von 4000 Euro einzustellen. Zudem muss der Angeklagte 880 Euro an den 20-Jährigen zahlen, der noch im Gerichtssaal auf weitere zivilrechtliche Ansprüche verzichtete.
Der Fall war vor dem Amtsgericht gelandet, weil der Dresdner Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt hatte, in dem die Richterin eine deutlich höhere Strafe gegen den Mann verhängt hatte: acht Monate auf Bewährung.