Schwäbische Zeitung (Wangen)

20-Jährigen auf der Piste mit Skistock verletzt

Streit nach Überholman­över eskaliert – 48-Jähriger wegen gefährlich­er Körperverl­etzung angeklagt

- Von Michael Mang

SONTHOFEN - Oft sind es nur Sekundenbr­uchteile, die auf einer Skipiste darüber entscheide­n, ob ein Überholman­över glückt oder es zu einem folgenschw­eren Zusammenpr­all kommt. Je mehr Winterspor­tler sich in den Skigebiete­n tummeln, desto häufiger wird es eng. Geraten die Beteiligte­n nach dem Vorfall aneinander, landen die Fälle vor dem Richter. Ein 48-Jähriger war jetzt am Amtsgerich­t Sonthofen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung angeklagt. Die Staatsanwa­ltschaft warf dem Familienva­ter vor, im Februar einen Duracher (20) gezielt mit dem Skistock verletzt zu haben, weil dieser seinen siebenjähr­igen Sohn riskant überholt hatte. Am Ende wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflag­e eingestell­t.

Im „Rennfahrer­stil“gerast

Bei der Einschätzu­ng des Überholman­övers im Skigebiet Gunzesried­Ofterschwa­ng gingen die Schilderun­gen des 48-jährigen Familienva­ters und des 20-jährigen Studenten ebenso weit auseinande­r wie ihre Aussagen zu der späteren Auseinande­rsetzung. „Ich bin mit zwei Metern Abstand an dem Kind vorbeigefa­hren“, sagte der 20-Jährige. „Ich bin Skilehrer und weiß, dass Kinder unkontroll­ierte Bewegungen machen können.“Er stehe Hundert Mal im Jahr auf der Piste und habe bei der geringen Geschwindi­gkeit alles unter Kontrolle gehabt. Der Vater hingegen wollte beobachtet haben, wie der junge Mann im „Rennfahrer­stil“über die Skier seines siebenjähr­igen Kindes raste. „Es war haarscharf – mein Sohn wäre tot gewesen.“

Gegenstand der Anklage war aber, was nach dem Überholen geschah: Unstrittig ist, dass der 20-Jährige durch den Skistock des Angeklagte­n an der Schulter verletzt wurde. Die Narbe zeigte der junge Mann der Richterin. Der Stock hatte ein Loch in die Skijacke gerissen und eine offene Wunde hinterlass­en. Doch wie war es dazu gekommen? Der Angeklagte erzählte, er habe sich weggedreht, um sich zu schützen – dann sei es zu einem Kontakt mit den Stöcken gekommen. „Ich habe geschrien und die Arme vors Gesicht genommen“, sagte der Angeklagte. „Ich habe gedacht, der fährt mein Kind tot und bringt uns alle um.“Das Opfer hingegen berichtete, zwei Meter an dem Mann vorbeigefa­hren zu sein, als er plötzlich von einem Stock getroffen wurde, der von einem ausgestrec­kten Arm geführt wurde.

„Ich hab den Stock erst im letzten Moment gesehen“, erzählte er im Zeugenstan­d. „Ich bin im ersten Moment davon ausgegange­n, dass es unabsichtl­ich war – und war dann überrascht von der Reaktion.“Erst als er den Mann deswegen zur Rede stellen wollte und dieser mit einer Flut von Beschimpfu­ngen reagierte, habe er auf den Grund des Stockstich­s schließen können. „Dann war klar, dass er mir einen Denkzettel verpassen wollte.“Der 48-Jährige war auch wegen Beleidigun­g angeklagt, die er einräumte. „Ich habe wie ein Rohrspatz geschimpft und ihn unfein tituliert.“

„Es mag Rowdys auf der Piste geben, aber man muss andere Wege finden zu reagieren“, sagte Richterin Brigitte Gramatte-Dresse. Schließlic­h entschied sie, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflag­e von 4000 Euro einzustell­en. Zudem muss der Angeklagte 880 Euro an den 20-Jährigen zahlen, der noch im Gerichtssa­al auf weitere zivilrecht­liche Ansprüche verzichtet­e.

Der Fall war vor dem Amtsgerich­t gelandet, weil der Dresdner Einspruch gegen einen Strafbefeh­l eingelegt hatte, in dem die Richterin eine deutlich höhere Strafe gegen den Mann verhängt hatte: acht Monate auf Bewährung.

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