Zwillinge feiern 90. Geburtstag
Rosa Balle und Franziska Häring wurden in Ratzenried geboren und wohnen in einem Stift in Bad Wurzach
RATZENRIED/BAD WURZACH (csch) - Dass ein Mensch 90 Jahre alt wird, ist inzwischen keine Seltenheit mehr. Nicht so häufig kommt es allerdings vor, dass Zwillinge zusammen die Eröffnung ihres zehnten Lebensjahrzehnts erleben. Bei Rosa Balle und Franziska Häring aber ist dieser seltene Fall eingetreten: Nun feierten die beiden mit rund 20 Kindern, Enkeln und Urenkeln ihren 90. Geburtstag im Stift zum Heiligen Geist in Bad Wurzach.
Die gemeinsame Feier genossen die Verwandten besonders, weil die Schwestern den größten Teil ihres Lebens – ganze 65 Jahre – räumlich getrennt voneinander lebten – die eine in Aalen, die andere in Leutkirch. Umso schöner sei es nun für die beiden, dass sie sich seit etwa einem Jahr im Pflegeheim ein Doppelzimmer teilen können.
In Ratzenried geboren
1927 wurden die beiden in Ratzenried bei Wangen als drittes, beziehungsweise viertes Kind des Postboten Ortlieb geboren. Sie wuchsen in eher armen Verhältnissen auf und ihre Geburtstage fielen dementsprechend nicht üppig aus. Dennoch müssen die beiden schmunzeln, wenn sie an ihre Kindheit denken. „Wir waren immer gleich angezogen“, erinnert sich Franziska Häring.
Ob die Ähnlichkeit auch manchmal, beispielsweise in der Schule, missbraucht wurde? „Ja, wenn man solche Vorteile hat, muss man die auch ausnutzen!“, ist die verschmitzte Antwort der 90-jährigen. Aber im Großen und Ganzen seien es brave Mädchen gewesen, versichert Robert Balle, der Sohn von Rosa Balle.
Bis zu ihrer Hochzeit im Jahre 1947 half Rosa Balle zu Hause mit, während ihre Zwillingsschwester schon in Stellung bei einem Lehrer und einer Zahnärztin war. „Früher war das nicht so, dass man gleich einen Beruf gelernt hat“, erzählt Franziska Häring. „Aber ich finde das gut, wenn Frauen einen Beruf haben. Dann haben sie ein ganz anderes Selbstwertgefühl.“
Wegen der Männer, die beide im Krieg gewesen waren, zogen die beiden schließlich um. Für Rosa Balle ging es 1947 nach Aalen, für Franziska Häring 1960 nach Leutkirch. Die weite Reise, früher komplizierter als heutzutage, verhinderte über lange Zeit ein häufiges Treffen der Schwestern.
Beeindruckend ist, dass beide Ehen die diamantene Hochzeit erlebten. Nachdem aber die Ehemänner gestorben waren, wurde nach einer Lösung gesucht. Das Pflegeheim in Bad Wurzach bot sich gut an. „Anfangs waren sie noch in getrennten Zimmern“, berichtet Gisela Rothenhäusler, die Tochter von Franziska Häring, „aber sie haben sich ununterbrochen gesucht, deshalb sind sie jetzt in einem Doppelzimmer.“Die eine ginge einfach nicht ohne die andere, sagt sie und lacht.
Eine witzige Anekdote gab es zu den Zwilligen noch zu erzählen: Ein gegenseitiger Besuch war geplant, Franziska Häring hatte gerade ihr Schlafzimmer tapeziert und war sehr müde. Bei der Schwester angekommen, stellte sich heraus, dass diese auch sehr geschafft war. Sie hatte eben ihr Schlafzimmer tapeziert – mit der gleichen Tapete.