Spiel gut, Ergebnis weniger, Begleitumstände gar nicht
Das 1:3 des 1. FC Köln bei Arsenal gerät angesichts einiger Chaoten und organisatorischer Mängel zur Nebensache
LONDON/KÖLN (SID/dpa) - Peter Stöger kam müde und etwas muffelig in den Presseraum des 1. FC Köln, ohne eine Spur vom sonstigen Schmäh und Lausbubenwitz. „Das braucht kein Mensch!“, brummte der Trainer kurz angebunden ins Mikrofon. Nach dem Fan-Chaos in London und einer unruhigen Nacht fühlte sich Stöger, wie so viele, auch am Freitag noch um ein wunderbares Erlebnis betrogen – und das beim Kölner EuropacupComeback nach 25 Jahren. „Wenn das Spiel ohne die Geschichten davor verlaufen wäre, wäre es richtig cool gewesen. Aber wir haben eine andere Thematik, die macht es mir schwierig, in Ruhe zu schlafen“, haderte der Österreicher am Tag nach dem 1:3 (1:0) beim FC Arsenal. „So positiv das Erlebnis war, es hat durch die Umstände etwas verloren.“Die Freude über eine ordentliche Leistung, die größtenteils fantastische FC-Stimmung am Donnerstag? „Getrübt!“
Am Abend hatten seine Spieler nach dem Abpfiff leeren Blickes vor der noch immer bebenden Südtribüne im Emirates Stadium gestanden. Zu zerrissen waren die Profis vermutlich beim Blick auf die Fans, die diesen Tag geprägt hatten: die sehr, sehr vielen friedlichen – und die wenigen Randalierer. Rund 15 000 Anhänger hatten stimmungsvoll gefeiert und das kölsche Liedgut durch die Straßen Londons getragen, doch es waren 50 Unverbesserliche, die mit dem Versuch, einen Tribünenblock zu stürmen, das Bild bestimmten. Das wird, das wusste auch Stöger, ein Nachspiel haben. Die Europäische Fußball-Union UEFA nahm umgehend Ermittlungen auf, es geht um Ausschreitungen, Pyrotechnik und Sachbeschädigung. „Die Fans, die so etwas machen, schaden dem Verein“, sagte Torhüter Timo Horn.
Der Verein, der erst am Freitagabend eine Stellungnahme veröffentlichte, warf den Engländern Mängel in ihrem Sicherheitskonzept vor; von den Gewalttätern unter den FC-Fans distanzierte sich der Club ausdrücklich. Das Ausmaß des Krawalls und der wahre Einfluss auf die Verzögerung des Anpfiffs um eine Stunde blieben schwierig zu überschauen. Vor allem die englische Boulevardpresse trug dazu bei, indem sie das Bild einer marodierenden Horde malte. Von einer „Nacht der Schande“war die Rede, von lange nicht gesehener Hooligan-Gewalt. Dabei hatten Polizei und Ordnungskräfte die Vorfälle relativ schnell unter Kontrolle gebracht (die Metropolitan Police teilte mit, sie habe fünf Fans in Gewahrsam genommen), eine Eskalation gab es trotz der langen Wartezeit und der schlechten Informationslage für Tausende Fans nicht.
Ganz anders hatten dementsprechend die „leiseren“Zeitungen das Geschehen beobachtet. So schrieb der „Guardian“von einer „verwirrenden, intensiven Fußballnacht, die aber nie wirklich zu kippen schien“, daran hätten auch die vereinzelten „leichteren Gewaltausbrüche“nichts geändert. Einige Fans hatten im Stadion Ordner attackiert. Vielmehr hinterfragte das Blatt die Arbeit der Sicherheitskräfte. Diese seien „gewarnt“gewesen, dass Tausende Kölner kommen würden, „aber nicht vorbereitet“. Ein Arsenal-Sprecher bestätigte auf Anfrage zudem, dass ein Stau im Zuge der Ticketprüfung der Hauptgrund für die Verschiebung gewesen sei, nicht die Unruhe vor dem Stadion.
Diese erste Eruption hatte die Unordnung zwar wohl eingeleitet, anschließend trug allerdings die Organisation ihren Teil bei: Die Engländer hatten lediglich 2900 Gästetickets zur Verfügung gestellt, wollten aber auch Kölnern mit Karten für den restlichen Stadionbereich den Eintritt untersagen. Ein Unterfangen, das letztlich aufgegeben wurde. Am Morgen danach räumte Arsenal mit Verweis auf den blühenden Schwarzmarkt das Scheitern seiner Vorkehrungen zur Fan-Trennung ein.
Hector erleidet Syndesmoseriss
Auch die schwere Verletzung von Nationalspieler Jonas Hector trübte die Kölner Europacup-Rückkehr. Der Linksverteidiger erlitt einen Syndesmoseriss im rechten Sprunggelenk, wie eine MRT-Untersuchung am Freitagnachmittag ergab; er fällt wohl monatelang aus.
Aus sportlicher Sicht war der Auftritt für die Kölner dennoch ein Mutmacher vor dem schwierigen Bundesligaspiel am Sonntag (18 Uhr/Sky) bei Borussia Dortmund. Nach drei LigaNiederlagen präsentierte sich die Mannschaft vor allem in der ersten Halbzeit in starker Form und ging verdient durch Rekordeinkauf Jhon Cordoba (10. Minute) in Führung. Der eingewechselte Ex-Schalker Sead Kolasinac (49.), Alexis Sánchez (67.) und Héctor Bellerín (82.) drehten das Spiel jedoch zugunsten der Gastgeber, bei denen Per Mertesacker als Kapitän und Abwehrchef agierte, während Mesut Özil und Shkodran Mustafi von Trainer Arsène Wenger Verschnaufpausen erhalten hatten.