Seit knapp einem Jahr herrscht Stillstand
Wegen einer Petition der Schutzgemeinschaft Argentäler ruht das Verfahren zur Reaktivierung der früheren NTW-Wasserkraftanlage
Wegen einer Petition ruht Verfahren bei früherer NTW-Wasserkraftanlage.
WANGEN - Vergangenen Herbst fasste der Wangener Gemeinderat den Baubeschluss für die Reaktivierung der Wasserkraftanlage in Epplings/ Sigmanns. Seitdem ist es ruhig geworden um das Millionen-Projekt beim früheren NTW-Areal. Der Grund: Wegen einer zeitgleich eingegangenen Landtagspetition ruht das Genehmigungsverfahren jetzt schon seit knapp einem Jahr. Wann hierüber eine Entscheidung fällt, ist unklar.
Zur Erinnerung: Die seit dem Pfingsthochwasser 1999 brach liegende Wasserkraftanlage hatte die Stadt im Jahr 2012 gekauft. Seitdem gab es Infoveranstaltungen, Gespräche mit Anliegern, 2014 dann eine Machbarkeitsstudie und schließlich die Genehmigungsplanung. Als weiterer Verfahrensschritt gab es einen Erörterungstermin, bevor am 28. November 2016 der Baubeschluss zur Reaktivierung der Wasserkraftanlage durch die Wangener Räte erfolgte. Damals sagte Urs Geuppert im Gremium: „Ich erwarte den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts in zwei Wochen.“
Da wusste der stellvertretende Leiter der Stadtwerke noch nicht, dass fast zeitgleich in Stuttgart eine Petition an den Landtag eingegangen war – Absender: Herbert Kleiner. Der Sprecher der Schutzgemeinschaft Argentäler hatte bereits in den Jahren zuvor die städtischen Pläne scharf kritisiert, weil die Wiederinbetriebnahme des Wasserkraftwerks die ökologischen Bedingungen an der Argen verschlechtere, und hatte deshalb bereits im Herbst 2016 eine Petition angekündigt. In dem aktuellen Schriftstück an den Landtag (welches der SZ vorliegt) erläutert Kleiner auf 31 Seiten beispielsweise EU-Wasserrahmenrichtlinien, das Wassergesetz des Landes und deren Widersprüche zueinander, er lehnt zudem kleine Wasserkraftwerke auch wegen eines schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses ab. Insgesamt „möge der Landtag beschließen, den Schutz der Fließgewässer voranzutreiben, (...) die Ökologie in den Vordergrund zu stellen, (...) statt die Energieerzeugung an relativ kleinen Gewässern mit geringer Wasserführung zu forcieren, die ohnehin weltklimatisch unbedeutend ist, aber für die nächsten 100 Jahre unverrückbare Fakten schafft“.
Anlieger schreiben dem Petitionsausschuss
Fakten hat der aktuelle Stillstand im Genehmigungsverfahren mittlerweile auch für die Anlieger geschaffen. Deshalb haben die Organisatoren des Sigmannser Straßenfests, Willi Martin, Karl-Heinz Harbs und Ulrich Bader Unterschriften gesammelt und Mitte August ebenfalls den Petitionsausschuss angeschrieben. Der Inhalt des Schreibens (das der SZ ebenfalls vorliegt): Der seit 1999 stillgelegte Triebwerkskanal werde zur Ablagerung von Grünschnitt genutzt. Die „Ansiedlung von Ratten, unzähligen Stechmücken und Geruchsbelästigungen durch Fäulnisprozesse“seien zudem „ein stetiges Ärgernis“. Die Anlieger sehen bei den städtischen Plänen den „Gewässerschutz erfüllt“und unterstützen die Maßnahmen „vorbehaltslos“. Die Petition der Schutzgemeinschaft Argentäler solle darum schneller bearbeitet werden, um das Verfahren zu beschleunigen. Und: „Wir sprechen uns klar für die Nutzung der Wasserkraft aus, die Stadt leistet einen weiteren Beitrag zur Energiewende und schafft zugleich einen Mehrwert für die Bürger der Stadt im Sinne der Wohnqualität.“
Geuppert: „Günstiger wird das Ganze nicht“
Wann sich der Petitionsausschuss mit der Wangener Wasserkraftanlage und dem Schreiben der Anlieger befasst, ist unklar. Fest steht nur: Nach der vorab nötigen Stellungnahme des zuständigen Ministeriums ist die Petition seit geraumer Zeit wieder bei dem Ausschuss angelangt, der die Unterlagen an den sogenannten Berichterstatter weiterleitete – so wie jüngst auch das Schreiben der Anlieger. Dieses Ausschussmitglied hat die Aufgabe, gegebenenfalls weitere Informationen einzuholen und dann dem Petitionsausschuss einen Entscheidungsvorschlag zu machen. Der könnte frühestens Ende September auf dem Tisch liegen – dann hat der monatlich einmal tagende Ausschuss seine nächste Sitzung. Endgültig entscheidet darüber jedoch der Landtag, der Petitionsausschuss ist nur ein vorberatendes Gremium.
Auf die Entscheidung wartet derweil auch Urs Geuppert. Wegen der zeitlichen Verzögerung geht der stellvertretende Stadtwerke-Leiter, der ursprünglich bereits Ende dieses Jahres zu bauen beginnen wollte, von einer Kostensteigerung aus. „Das ruhende Genehmigungsverfahren ist wie eine brach liegende Investition: Die Einspeisevergütung sinkt, die Baukosten steigen, günstiger wird das Ganze nicht.“Bislang geht die Stadt von Gesamtkosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro aus. Stellt sich außerdem die Frage, ob diese Investition dann in der ohnehin schon langen Zeitdauer von 35 bis 40 Jahren wirklich amortisiert ist.