Schwäbische Zeitung (Wangen)

Dem Fleischerh­andwerk in der Region geht es gut

Personalso­rgen und Bürokratie trüben die Stimmung

- Von Wolfgang Steinhübel

RAVENSBURG - „Dem Fleischerh­andwerk geht es gut.“Dies betonte Franz Moosherr, Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Ravensburg in einem Pressegesp­räch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Anlässlich der Wiederwahl von Thomas Wellhäuser als Obermeiste­r der Fleischer-Innung Ravensburg informiert­e Moosherr gemeinsam mit Wellhäuser und dem Waldburger Fleischerm­eister und Vorstandsm­itglied Wolfgang Binger über die aktuelle Lage des Fleischerh­andwerks in der Region.

„Die Zahl der Beschäftig­ten ist stabil“, so Moosherr. „Die Umsätze haben sich in den letzten Jahren leicht erhöht, allerdings geht die Zahl der Betriebe etwas zurück.“Auch in dieser Branche ist ein Konzentrat­ionsprozes­s zu beobachten. Waren in den 1970er-Jahren noch im Durchschni­tt 5,9 Beschäftig­te im Betrieb, so sind es heute 10,9 Beschäftig­te. Aktuell verzeichne­t die Ravensburg­er Fleischer-Innung 37 Mitglieder.

Man ist erfolgreic­h, die Umsätze und die Erlöse stimmen. „Man muss flexibel sein und Nischen besetzen“, so Wellhäuser. „Das kann zum Beispiel der Partyservi­ce sein oder der Imbiss.“Trotzdem trüben dunkle Wolken die Zukunftsau­ssichten der Branche. Personalma­ngel ist ein großes Thema. Es fehlt an Fachperson­al, und es fehlt besonders der Nachwuchs. Pro Jahr nimmt die Zahl der Jugendlich­en um circa 6 Prozent ab, die sich für den Beruf des Fleischers oder des Fleischere­ifachverkä­ufers entscheide­n. So meldet zum Beispiel die gewerblich­e Berufsschu­le in Friedrichs­hafen Kleinstkla­ssen im Ausbildung­sberuf Fleischer: Stand Juni 2017 gab es neun Lehrlinge im ersten Jahr, im zweiten Lehrjahr sind es fünf und im dritten vermeldet die Schule gar keinen Lehrling. Ähnlich sieht es bei den Fleischere­ifachverkä­ufern aus: vier Lehrlinge im ersten Jahr, sieben im zweiten und zwei im dritten Lehrjahr. Hält die Tendenz an, könnte Friedrichs­hafen als Schulstand­ort wegbrechen und die Ausbildung in Biberach konzentrie­rt werden.

Gute Chancen für den Nachwuchs

Dabei bietet das Fleischerh­andwerk große Chancen für junge Leute. Durch den demographi­schen Wandel werden in naher Zukunft viele Betriebsin­haber altersbedi­ngt aufhören, Nachfolger werden gesucht. „Das Image deckt sich nicht mit den Chancen“, so Moosherr dazu.

Den größten Anlass zur Klage gibt allerdings der Gesetzgebe­r. „Die Bedeutung der mittelstän­dischen Fleischerf­achbetrieb­e für die Region wird in keinster Weise gewürdigt“, so der Waldburger Metzgereii­nhaber Wolfgang Binger. Eine Ungerechti­gkeit ist zum Beispiel die Umlage zum Erneuerbar­en-Energie-Gesetz (EEG): Die kleinen Familienbe­triebe müssen sie zahlen, die Fleischind­ustrie ist davon befreit. Oder die aufwendige Dokumentat­ion: Jeder Arbeitsvor­gang, alle Arbeitszei­ten und noch vieles mehr muss akribisch dokumentie­rt und nachgewies­en werden.

„Da verliert man leicht die Freude am Handwerk, ein leichter Frust macht sich breit“, sagt Binger dazu. Er fordert, dass die Standards mittelstan­dgerecht angepasst werden sollen. Noch überwiegt für den 60-Jährigen die Freude am Beruf, den er schon seit 45 Jahren ausübt. Seine Dorfmetzge­rei hat mehrere wichtige Funktionen für die Region. So schlachtet er zum Beispiel selbst und ist Fleischlie­ferant für eine große Anzahl an Hofläden im kleinen und großen Umkreis. Besonders an Samstagen ist der Laden voll. „Dann bietet sich die Gelegenhei­t für einen Schwatz am Morgen“, so Binger. „Eine Metzgerei gehört ins Dorf.“

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FOTO: WOLFGANG STEINHÜBEL Über die Situation und die Chancen des Fleischerh­andwerks sprachen Wolfgang Binger, Vorstandsm­itglied der Fleischer-Innung Ravensburg, Obermeiste­r Thomas Wellhäuser und Franz Moosherr, Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Ravensburg (v.l.).

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