Schwäbische Zeitung (Wangen)

Langwierig­er Kampf gegen Abschiebun­g

Vaude in Obereisenb­ach unterstütz­t Mitarbeite­r, die Ablehnungs­bescheid erhalten haben

- Von Mark Hildebrand­t

OBEREISENB­ACH - Unter den 45 Mitarbeite­rn der Manufaktur des Obereisenb­acher Outdoor-Unternehme­ns Vaude gibt es sieben Flüchtling­e. Sechs von ihnen – bisher ausgestatt­et mit Aufenthalt­sgestattun­g und Arbeitserl­aubnis – haben jetzt einen Ablehnungs­bescheid bekommen. Sie haben Widerspruc­h eingelegt und erhalten seitdem anwaltlich­e Hilfe von Vaude. Die Situation sei sehr belastend, sagt die Personalle­iterin Miriam Schilling.

Einer der Betroffene­n ist der 29jährige Buba Nije aus Gambia. Vor vier Jahren hat er seine Heimat verlassen. „Ich war politisch aktiv und bin deswegen drei Mal im Gefängnis gewesen“, sagt er. Seinen Sohn hat er zuletzt im Alter von drei Monaten gesehen, seine Tochter ist mittlerwei­le acht Jahre alt. Beide leben bei Nijes Mutter. Er flüchtete allein, die Strapazen mochte er seinen Kindern nicht zumuten. Sieben Monate war er unterwegs, oft zu Fuß, aber auch mal mit dem Auto oder Lastwagen.

Klage gegen Ablehnung

„Das ist das Ende meines Lebens, habe ich in Niger gedacht“, erinnert sich Nije an einen der schwersten Abschnitte. Da er nach Überquerun­g des Mittelmeer­s in Italien registrier­t worden ist, gilt für ihn eigentlich das Dublin-Abkommen. Er müsste also nach Italien zurück. Nun hat er eine Arbeitserl­aubnis in Deutschlan­d und sitzt in der Manufaktur an einem der vielen Tische und ist in der Vorbereitu­ng tätig. So schweißt er zum Beispiel Schnallen in die Produkte ein. Eine Lehre als Elektriker hat er wegen seiner Flucht unterbroch­en. Gegen die Ablehnung klagt er derzeit.

Als Vaude Anfang 2016 anfing, Flüchtling­e einzustell­en, gab es ein ganz praktische­s Problem, erläutert Miriam Schilling: „Die Manufaktur war stark gewachsen und auf die ausgeschri­ebenen Stellen gab es keine Bewerbunge­n.“Die Idee von Jo Schober vom Asylnetzwe­rk Tettnang, Flüchtling­en eine Chance zu geben, mündete in ersten Praktika. Die Leistung und Motivation habe gestimmt, sagt Miriam Schilling. Man habe sich mit den neuen Mitarbeite­rn gefreut, weil es auch viele Erfolge in anderen Bereichen gab: Mal klappte es mit der Wohnung, mal schloss jemand einen Deutschkur­s besonders gut ab. Habe sich der eine oder andere Mitarbeite­r am Anfang schwer getan, gebe es mittlerwei­le Fahrgemein­schaften – dies auch nach einem klaren Bekenntnis der Firmenchef­in Antje von Dewitz zu diesem Projekt vor Mitarbeite­rn, berichtet Sarra Braa von der VaudeManuf­aktur.

Buba Nije hatte Albträume durch seine Flucht, konnte sich nicht konzentrie­ren, nicht schlafen. Ein Jahr lang war er in Therapie, bevor er bei Vaude anfing. Dass es trotzdem einen Ablehnungs­bescheid gegeben habe, finden Sarra Braa und Miriam Schilling ungewöhnli­ch, gerade auch mit Blick auf Vergleichs­fälle. Sie sind nicht desillusio­niert, aber vorsichtig­er geworden: „Würden wir heute neu mit einem solchen Projekt beginnen, würden wir es wieder, aber anders machen.“Etwas blind seien sie vielleicht hineingera­nnt, sagt Miriam Schilling, die Auswahlkri­terien sähen mit Blick auf den Aufenthalt­sstatus heute sicher etwas anders aus.

Im Jahr 2016 sei noch nicht klar gewesen, dass es solche Schwierigk­eiten geben könnte. Schließlic­h hatten die Flüchtling­e ja eine Arbeitserl­aubnis, sagt die Personalle­iterin. Das Unternehme­n unterstütz­t die Flüchtling­e, die sich allesamt gegen die negativen Bescheide wehren. Es zahlt die Anwälte, mittlerwei­le gibt es ein Netzwerk von Helfern.

Die Ablehnungs­bescheide sorgen nicht nur für Existenzän­gste bei den Betroffene­n. „Das hat uns den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagt Miriam Schilling, „wir können da nichts machen.“Immer wieder gebe es Vorstöße engagierte­r Mitarbeite­r, sagt Miriam Schilling: „Da müssen wir sogar manchmal bremsen.“Schließlic­h müsse Vaude auch unternehme­risch denken. Hin und wieder komme da schon die Frage auf: „Wie lange können wir das noch tragen?“

Es sei ein Hangeln von Tag zu Tag, sagen Miriam Schilling und Sarra Braa. Immer wieder gebe es Veränderun­gen, auch der Gesetze: „Wir hoffen auf eine Regelung, dass diejenigen, die in Arbeit sind, bleiben dürfen.“Dies auch mit Blick darauf, dass diese ja gut integriert seien, gerade durch die Arbeit und Kollegen.

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FOTO: HIL Buba Njie aus Gambia arbeitet seit Anfang des Jahres bei Vaude. Jetzt soll er ausgewiese­n werden. Das Ganze ist jetzt Sache der Anwälte.

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